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"Geplante Rentenformel ist nicht hinnehmbar"

DGB-Ortskartell Weinheim kritisiert Berliner Rentenpolitik

 

(mh) "Das von der Bundesregierung am 30. Mai vorgestellte Rentenreformkonzept ist enttäuschend und für die gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht akzeptabel", meint der stellvertretende DGB-Ortskartellvorsitzende Matthias Hördt.

Zugleich ist er der Auffassung, dass bei Umsetzung der Pläne das Versprechen der rot-grünen Bundesregierung, gesellschaftliche Innovationen mit sozialer Gerechtigkeit zu verbinden, nicht eingehalten wird. "Dies war die zentrale Botschaft im Wahlkampf 1998, weshalb gerade viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer rot-grün das Vertrauen schenkten".

Kritik und Ablehnung bezieht sich besonders auf die vorgesehene Absenkung des Leistungsniveaus der gesetzlichen Rentenversicherung.

Durch die neue Rentenanpassungsformel und den vorgesehenen "Kürzungsfaktor" würde das Standardrentenniveau von heute etwa 70 % auf unter 63 % im Jahre 2030 absinken. Bis 2040 drohe es gar auf 58 % und im Jahr 2050 gar auf 54 % zu fallen. Dann wäre die gesetzliche Rente auf Sozialhilfeniveau, welche ein würdiges Leben nicht ermögliche.

"Die vorgesehene Förderung beim Aufbau einer kapitalgedeckten Zusatzvorsorge kann diese Demontage nicht wettmachen", meint Vorsitzender Bernhard Feuling. Auch der Förderbetrag werde den Beziehern niedriger Einkommen die Möglichkeit privater Vorsorge nicht eröffnen. Ohnehin müssten die meisten den größten Teil ihrer zusätzlichen Vorsorge allein aus eigener Tasche zahlen, was sich nicht anders auswirke wie eine Beitragserhöhung. "Für die Geringverdiener, die trotz Förderung nicht in der Lage sind, Eigenvorsorge zu betreiben, ist Armut im Alter vorprogrammiert", so Feuling weiter.

Besonders schlimm sei der Bruch mit dem Prinzip der paritätischen Finanzierung, einem Prinzip des deutschen Sozialversicherungssystems, das von den Gewerkschaften und bis zur letzten Bundestagswahl auch in SPD-Beschlüssen hartnäckig verteidigt worden sei. Die teilweise Entlassung der Unternehmen aus der paritätischen Finanzierung der Altersvorsorge sei zutiefst unsozial und stelle die gesamte Gesellschaft unter eine gewaltige Zerreißprobe. Was heute Reform genannt werde, zerstöre nicht nur alte Versprechen sondern auch das vertrauen der Menschen in die Zukunft und in die Politik überhaupt, was sich an steigender Wahlenthaltung zeige.

"Es mutet schon etwas komisch an, dass ausgerechnet die CDU jetzt die geplante Reform als unsozial bezeichnet", meint Matthias Hördt. Diese habe schließlich ihre Regierungszeit nicht für zukunftsgerichtete Strukturreformen genutzt, sondern rückwärts gewandten Sozialabbau betrieben, was jetzt leider fortgesetzt werde. Gleichwohl sollte die Bundesregierung den Mut und die Souveränität besitzen, den eingeschlagenen falschen Weg nicht weiter zu gehen. Denn selbst eventuelle Verbesserungen bei der Förderung der Zusatzvorsorge würden nicht die falschen ordnungspolitischen Weichenstellungen korrigieren.

Noch im Sommer 1999 stellte Riesters Ministerium Berechnungen an, denen zufolge unter Beibehaltung eines Nettostandardrentenniveaus von 70 % im Jahre 2030 ein Beitragssatz von 26 % erforderlich wäre. Arbeitnehmer und Arbeitgeber hätten demnach in 30 Jahren jeweils etwa 13 % paritätisch zu finanzieren. Gleichzeitig wäre die Belastung durch die Arbeitslosenversicherung gefallen, so dass im Endeffekt keine höheren Sozialversicherungsbeiträge anfallen würden.

Unter Strafe der Armut im Alter soll den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern jetzt ein Gesamtvorsorgebeitrag aufgezwungen werden, der noch in diesem Jahrzehnt - also mehr als 20 Jahre früher - die 13%-Marke übersteigt. Auch die jüngere Generation soll also sehr viel früher sehr viel mehr an Belastungen tragen, als sie ohne die Demontage der sozialen Rentenversicherung zu zahlen hätte. Und: Statt 13 % sollen die Jüngeren im Jahre 2030 sogar 15 % zahlen. Das ganze "Reformwerk" erweist sich schließlich als eine bloße Umverteilung von unten nach oben: Die Unternehmen werden entlastet, die aktiven Beschäftigten belastet, die tatsächlichen Rentenzahlungen gekürzt.

"Gäbe es nicht die solidarische Rente, so müsste sie erfunden werden", so Matthias Hördt. Es sei eine Illusion, dass Kapitalbesitz in der Zukunft automatisch den Lebensstandard sichert. Denn auch die kapitalgedeckte Rente sei zu jeder Zeit ihres Bestehens auf lebendige Arbeit angewiesen und auf Menschen die regelmäßig Beiträge leisten.

Das DGB-Ortskartell hält einen neuen Anlauf für eine solidarische Reform der gesetzlichen Rentenversicherungen für unverzichtbar!

 

Diese Presseerklärung ist ausdrücklich zur Nachahmung und Weiterverbreitung freigegeben:
"Einfach "DGB-Ortskartell Weinheim" und die Namen durch die jeweilige Organisation ersetzten, und an die Lokalredaktionen der Zeitungen schicken.
Falls jemand das macht, bitte ich um eine kurze Nachricht. Ich freue mich auch über Artikel, die ich auf meinen Club ummünzen kann Mit kollegialen Grüßen
hoerdt@ids-mannheim.de

 


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