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Updated: 18.12.2012 15:51
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„Wir sind die GHB“ Von den Schwierigkeiten des Widerstands in der Krise

Schon Monate vor der Bundestagswahl ist die Weltwirtschaftskrise in den Häfen angekommen. Nicht nur die die Existenz der Werften steht auf dem Spiel. Viele Hafenbetriebe selbst stecken auf Grund des Frachtrückgangs um bis zu 50% vor der Frage, wie sie sich einen möglichst großen Teil der unkalkulierten Mehrkosten vom Hals halten können. Über die Folgen des hier gewählten Wegs gibt es jetzt beim Hafen-Personaldienstleister GHB (Gesamthafenbetriebsverein) in Bremerhaven einen offenen ausgetragenen Konflikt. Gestritten wird um einen Sozialplan, den ver.di und der Gesamtbetriebsrat zugestimmt hatten, um eine drohende Insolvenz abzuwenden. Seine Eckpunkte haben die Belegschaft, die noch vor einigen Jahren erfolgreich an der Bekämpfung der Port Package II (Seeleute sollten zu Dumpinglöhnen die Fracht löschen) teilgenommen hatte, gespalten. Der Sozialplan sieht Entlassungen oder Änderungskündigungen mit massiven Verschlechterungen für insgesamt 1000 der bisher 2700 Beschäftigten vor. Nach den neuen Beschäftigungsbedingungen werden die Löhne von 15 auf gut 8 Euro gesenkt, weitere tarifliche Leistungen werden eingeschränkt und der Arbeitgeber kann die Schichtzeiten bei Bedarf auf 4 Stunden verkürzen. Gegen diese krasse Prekarisierung und gegen eine Personalauswahl, in der sich ein Teil der älteren KollegInnenbenachteiligt sieht, hat sich ein Komitee der betroffenenen ArbeiterInnen gebildet, das unter dem Namen „Wir sind der GHB“ öffentlich auftritt und die Solidarität mit anderen Lohnabhängigen sucht. Die AktivistInnen haben eine Unterschriftensammlung für den Rücktritt des Betriebsrats inittiert, den mehr als ein Viertel der Belegschaft unterschrieben haben. Auch wurden bereits mehre Demonstrationen und Veranstaltungen organisiert. In einem Flugblatt der Initiative heißt es unter „Was wir fordern!“ : Jeder Arbeitnehmer sollte von dem Geld, was er durch seine Hände Arbeit verdient, in Würde leben können und nicht durch Lohndumping zum Hartz IV-Aufstocker werden. Es muss verhindert werden, dass die Lohnschraube immer mehr nach unten gedreht wird.“ Daraus folgte für das Komitee, „dass die Geschäftsführung des GHBV Bremen und Bremerhaven alle Änderungs-, sowie Beendigungskündigungen im Bereich Hafen und Distribution wieder zurücknimmt und mit uns einen vernünftigen und fairen Sozialplan ausarbeitet.“ An die Adresse der eigenen Interessensvertretung gerichtet fordern die Gemaßregelten „absolute Loyalität des GHBV Betriebsratesund der Gewerkschaft ver.di gegenüber allen Arbeitnehmern, Eingestehen der Fehler und für die Zukunft keine existenzbedrohenden Tarifverträge sowie keine Unterwanderung von Fremdfirmen“.

Die hier in Bewegegung geratenen Teile der GHB-Belegschaft haben in der kurzen Zeit nicht nur die Erfahrung gemacht, dass sie von ihrer Geschäftsleitung nach dem Ende der fetten Jahre wie lästige Mitesser abserviert wurden. Sie mussten auch lernen, dass die von ihnen gewählte Interessensvertretung sie nicht mehr vertreten wollte. Schließlich sehen sie sich auf der Suche nach Unterstützung noch damit konfrontiert, dass diverse selbsterklärte Avandgarden sie gerne als Parteisoldaten in ihre Schlachtordnung integrieren wollen. Doch bisher lassen sie sich nicht ihren Schneid abkaufen. Zu Verteidigung ihrer Autonomie haben sie u.a. geregelt, dass nur Beschäftigte der GHB oder von der GHB-Entlassene Mitglieder des Komitees werden können.

Artikel von Jochen Gester als Vorabdruck aus der November Ausgabe 2009 der Sozialistische Zeitung - Soz . Wir danken dem Autor und dem Verlag.


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