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Aktionen zum 8. März in der Türkei: Frauen lassen sich nicht verbieten

Zum Frauentag in Istanbul: Demo trotz Verbot (6. März 2016, sendika.org)Vom 5. bis 8. März sollte in verschiedenen Städten in der Türkei eine Aktionswoche für weibliche Selbstbestimmung und gegen – die immer noch verbreiteten – Frauenmorde stattfinden. „Aus Sicherheitsgründen“ wurden die Kundgebungen und Demonstrationen weitgehend verboten, Frauen gingen und gehen trotzdem auf die Straße. Da solche Widerspenstigkeit zum Erdoganschen Frauenbild nicht passt, wird entsprechend repressiv vorgegangen: Schon Plakate klebende Frauen im Vorfeld der Aktionen sollen mit Gummigeschossen beschossen worden sein. Am Sonntag, 6. März, in Istanbul ging die Polizei gewaltsam – mit Tränengas und wiederum mit Gummigeschossen – gegen die versammelten Frauen vor, es kam zu Verletzungen und Verhaftungen. Immer wieder mussten Frauen sich von Polizisten anhören, sie sollten nicht so einen Lärm machen – und für die Auseinandersetzung mit der Polizei besser ihre Männer schicken. Geholfen hat das Vorgehen nicht: Am Ende musste die Polizei doch eine Barrikade öffnen und die Frauen ziehen lassen. Siehe dazu:

  • Update: Frauentag in der Türkei – landesweite Aktionen trotzen Verboten
    Trotz Verboten versammelten sich landesweit Frauen auch am 8. März zu Kundgebungen und Demonstrationen. Die größte Demonstration fand am Abend in Istanbul statt: mehrere tausend Teilnehmerinnen fande sich – im 14. Jahr infolge – zur Frauentags-Nachtdemo zusammen. Die Polizei war zwar anwesend, griff aber – anders als noch am Sonntag – nicht ein. Männergewalt, Gleichberechtigung – und der Widerstand in den kurdischen Gebieten waren die beherrschenden Themen. Siehe zu dieser Aktion und denen in anderen Städten den Bericht „Women paint the town purple in 8 March events around Turkey“ vom 9. März 2016 bei sendika.org/ LabourNet Türkei externer Link. Staatstragende 8. März-Veranstaltungen gibt es in der Türkei übrigens auch – Platz für Erdogan und sein Frauenbild: Der ließ sich damit zitieren, dass Frauen für ihn in erster Linie Mütter, Abtreibung Mord und Verhütung ein Komplott der westlichen Welt zur Schwächung der Türkei seien.

Unsere Materialsammlung vom 7. März 2016:

  • 8 Mart arifesinde kadınlar sokakta: ‘Sokaktayız, isyandayız, biz varız’
    Überblick bei sendika.org vom 6. März 2016 externer Link über verschiedene Aktionen anlässlich des Frauentags u.a. in Antakya, Mersin, Diyarbakir – es geht durchaus nicht nur um Istanbul und Ankara (türkisch, aber mit Fotos)
  • Men Kill 23 Women in February (in Turkey)
    Beitrag von Çiçek Tahaoğlu bei bianet vom 3. März 2016 externer Link, wo es heißt: „… According to the data bianet has compiled from local and national newspapers as well as news websites and agencies, men have killed 23 women in February, have raped 16 women and girls, have forced 73 women to sex work, exposed violence on 26 women and have sexually harassed 11 women and girls…
  • Köln? Das passiert auf dem Istanbuler Taksim-Platz jedes Jahr.
    Noch einmal zur Erinnerung: Offener Brief des Cumhuriyet-Journalisten Can Dündar am 16. Januar 2016 (einige Zeit vor seiner Freilassung) an Angela Merkel in der „Welt“ externer Link – wir hatten darauf schon im Januar hingewiesen. Im Text heißt es: „… Das, was in der Silvesternacht in Köln passiert ist, kam uns Türken wohlbekannt vor. Es war dasselbe, was sich jedes Jahr auf dem größten Platz von Istanbul, dem Taksim-Platz, zuträgt. Ein Ausdruck einer konservativen Machokultur und des Hungers auf Frauen, den diese selber produziert; Ausdruck einer Kultur, die in der Schule, bei der Arbeit, in allen Bereichen des Lebens Frauen von Männern trennt und versucht, sie in ihrer Rolle als Mütter zu Hause einzusperren. In der Türkei kämpfen seit Jahren Frauen und Männer unter Lebensgefahr gegen dieses Weltbild und für ein laizistisches, modernes Leben und eine demokratische Republik. Sie sind davon überzeugt, dass man sich nicht mit den Symptomen, sondern mit den Ursachen auseinandersetzen und eine Politik entwickeln muss, die diese Ursachen bekämpft. Auf welcher Seite aber stehen die westliche Welt und die Europäische Union und insbesondere Deutschland und Frau Merkel, wenn diese beiden verschiedenen Auffassungen in Istanbul oder in Köln aufeinanderprallen? Wir kennen die Antwort auf diese Frage. Und genau darum lächeln wir bitter, wenn wir von Merkels harter Reaktion auf die Angreifer von Köln hören…
  • Kein Türkei-Deal zu Lasten von Frauenrechten
    Pressemitteilung der IG BAU vom 7. März 2016 externer Link, wo es – mit Blick auf den heutigen EU-Gipfel (7.3.16) – heißt: „Die Industriegewerkschaft Bauen-Agar-Umwelt (IG BAU) ruft zum internationalen Frauentag zur weltweiten Solidarität mit Frauen auf. Insbesondere verurteilt die IG BAU die gewaltsame Auflösung von Demonstrationen für Frauenrechte in der Türkei. „Es ist kaum auszuhalten, mitansehen zu müssen wie Polizisten mit Gummigeschossen auf Frauen schießen, weil sie für ihre Rechte demonstrieren“, sagte IG BAU-Bundesvorstandsmitglied Ulrike Laux. „In Zusammenschau mit dem Vorgehen gegen die Tageszeitung Zaman und dem heute in Brüssel stattfindenden EU-Türkei-Gipfel drängt sich der Verdacht auf, dass die ultrakonservativen Kräfte in der Türkei die Abhängigkeit der EU von der Türkei in der Flüchtlingsfrage ausnutzen, um sanktionslos die Zeit in ihrem Land rückwärts zu drehen…
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=94641
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