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[Bücher] Russlands Weg von der Perestroika bis heute. Innenansichten zur neueren russischen Geschichte: 25 Jahre Perestroika

Buch: „25 Perestroika – Gespräche mit Boris Kagarlitzki“Im LAIKA-Verlag ist in den beiden letzten Jahres die zweibändige Ausgabe „25 Perestroika – Gespräche mit Boris Kagarlitzki“ erschienen. Gesprächspartner Kagarlitzkis und Autor des Buches ist Kai Ehlers. Der Verlag zu den Büchern: „Die Geschichte Russlands nach Perestroika ist noch nicht geschrieben. Bisher haben sich eher ideologisch besetzte Eckdaten im Bewusstsein der Öffentlichkeit etabliert. Die beiden Bände 25 Jahre Perestroika – Gespräche mit Boris Kagarlitzki zeigen dagegen eine Innenansicht derer, die sich Anfang der 1980er-Jahre als »linker Flügel der Perestroika« verstanden haben und sich eine Reform des Sozialismus erhofften. Der erste Band zeigt die Zeit von Gorbatschow bis Jelzin; der zweite Jelzins Abgang, den Antritt Putins, Medwedew und wieder Putin. Der zweite Band führt mitten in die Krise der Jelzinschen Modernisierung – Separationstendenzen in der russischen Föderation, Tschetschenienkrieg, Aufkommen sozialer Verwüstungen, angesichts derer die Mehrheit der Bevölkerung um ihr Überleben kämpfen muss. Dann Wladimir Putins Ansage, eine »Diktatur des Gesetzes« einführen zu wollen. Das Dilemma einer Opposition, die zwischen Zustimmung zu Putins Ordnungspolitik und Kritik an dem von ihm praktizierten autoritären und zugleich neoliberalen Führungsstil einen Weg zu finden sucht.“ Siehe Informationen zum Buch, die ausführliche Buchempfehlung von Ulrich Leicht sowie eine exklusive Leseprobe:

  • Die Bücher
    • Kai Ehlers: 25 Jahre Perestroika – Gespräche mit Boris Kagarlitzki
      384 Seiten, Preis: 19,00 €
      ISBN:  978-3-944233-28-4
      Erschienen Dezember 2014
    • Kai Ehlers: 25 Jahre Perestroika – Gespräche mit Boris Kagarlitzki II
      Preis: 18,00€, 328 Seiten
      ISBN:978-3-944233-29-1
      Erschienen August 2015
    • Siehe Infos zum Buch und den Autoren auf der Webseite des LAIKA-Verlages externer Link
  • Am 2.2. findet vom Rosa Luxemburg Club in Dortmund eine Veranstaltung externer Link mit Kai Ehlers statt.

25 Jahre Perestroika – Innenansichten zur neueren russischen Geschichte. Buchempfehlung von Ulrich Leicht samt Einführung von Kai Ehlers selbst

Im LAIKA-Verlag ist Ende letzten Jahres der 2. Band der zweibändigen Ausgabe „25 Perestroika – Gespräche mit Boris Kagarlitzki“ erschienen. Gesprächspartner Kagarlitzkis und Autor des Buches ist Kai Ehlers.

Der erste Band zeigt die Zeit von Gorbatschow bis Jelzin; der zweite Jelzins Abgang, den Antritt Putins, das Zwischenspiel Medwedew und Putin zum zweiten.

Zu den allerjüngsten Entwicklungen von der Ukraine-Krise bis heute finden sich auf der homepage von Kai Ehlers externer Link weitere Texte, die als Fortsetzung dieses „zweibändigen“ Blicks auf die russischen Geschichte gesehen werden können. Kai Ehlers hat selber eine kurze lesenswerte, informative Einführung zu seinen Gesprächen über die jüngere sowjetisch-russische Geschichte verfasst, aus der wir im Folgenden zitieren.

Im öffentlichen westlichen Bewusstsein wird das Einsetzen der Perestroika vor mehr als 25 Jahren heute als Reform eingeordnet, bei einigen ganz verwegenen Zeitgenossen als Revolution, bei manchen sogar als letzte Revolution. Zu schweigen von denen, die nie etwas von Perestroika gehört haben.
Eine etwas andere Sicht erschließt sich aus den in dem Buch vorliegenden Gesprächen, die aus direkter Betroffenheit heraus Schritt für Schritt am konkreten Geschehen und im Bemühen um analytische Klarheit entstanden im Verlaufe von 25 Jahren sind.“

Die Gespräche beginnen mit einer ersten Kontaktaufnahme zwischen Kai Ehlers als einem Vertreter der damaligen westdeutschen Neuen Linken der 80er Jahre (KB Nord) und einem Sprecher der Perestroika-Linken Moskaus.

„Diese ersten Begegnungen stehen noch unter der Parole der von der Perestroika in den Jahren nach Gorbatschows Antritt als Generalsekretär der KPdSU 1985 hervorgebrachten informellen Bewegung, die von sich sagt: ‚Wir sind der linke Flügel der Perestroika‘.
Sehr schnell folgen die ersten Ernüchterungen, als deutlich wird, dass Perestroika nicht die Reform des Sozialismus, nicht mehr Selbstbestimmung, nicht einen demokratisch kontrollierten Markt bringt, sondern mehr Leistung bei gleichzeitigem Abbau von sozialen Sicherungen fordert und schließlich zur Einführung eines Notstandsregimes führt, dass aber auch diejenigen, die sich wie Boris Jelzin Reformer nennen, ebenfalls nicht den Sozialismus reformieren, sondern ihn zugunsten einer ‚demokratischen Elite’ abschaffen wollen.

So geht es Schritt für Schritt. Jedes Gespräch skizziert eine neue Wendung, einen neuen Verlust bisher verbriefter sozialer Garantien. Der Krise Gorbatschows folgt der sog. Putsch. Er wird im Westen im Allgemeinen als Versuch der ‚Ewig Gestrigen’ wahrgenommen, die Entwicklung zurückzudrehen; in Wahrheit ist er eine Machtergreifung, derer, die die Sowjetunion mit größerer Beschleunigung hinter sich lassen wollten.

Und schon geht es weiter zu nächsten Krise, wenn die neue Führung unter Jelzin und das ‚Volk’, vertreten durch den Kongress der Volksdeputierten, in einen unlösbaren Konflikt über die Geschwindigkeit, die Art und den Umfang der Privatisierung geraten. An seinem Ende steht die Revolte der Deputierten, die Jelzin mit Panzern niederschlagen lässt. Die Berichte zu all diesen Vorgängen klingen in diesen Gesprächen anders als in den weichgespülten Jelzin-Lobeshymnen der damaligen Zeit und auch anders als in seiner nachträglichen Verklärung als ‚erster demokratisch gewählter Präsident Russlands’.

Und weiter geht es auf dem mühsamen Weg der Festigung der ‚neuen Macht’ bis hin zur Ankunft Wladimir Putins und den darauf folgenden Tandemmanipulationen Putins und Medwedews, die – Demokratie hin, Demokratie her – in der Manier der alten russischen Selbstherrschaft die Ämter unter sich aushandeln. Offen bleibt, wie es heute weitergeht.
Dies alles wird in den Gesprächen nicht aus der Perspektive der Kremlastrologie erörtert, sondern vom Standpunkt des alltäglichen, des gewerkschaftlichen Lebens, aus der Sicht derer, die an einer theoretischen und praktischen Erneuerung des Sozialismus aus der Kritik des Gewesenen und unter den Bedingungen des Bestehenden interessiert sind. Viele Gespräche werden noch zu dokumentieren sein, wenn wir verstehen wollen, was in den zurückliegenden funfundzwanzig Jahren tatsächlich geschehen ist.

Der russische Partner der in diesem Buch vorliegenden Gespräche, Boris Kagarlitzkij, ist der heute im Westen bekannteste russische Reformlinke. Seine Stimme hat Perestroika von ihren Anfängen unter Gorbatschow, durch das Chaos bei Jelzin bis in die heutige Putinsche Restauration hinein kontinuierlich begleitet. Er wurde 1958 geboren, schloss sich als Student einer ‚Marxistischen Gruppe’ an, wurde noch unter Breschnjew verhaftet. Er saß anderthalb Jahre im Gefängnis. Mit einsetzender Perestroika wurde er freigelassen. Seitdem ist er aus sowjetkritischer Position heraus um eine Erneuerung des Sozialismus auf marxistischer Grundlage bemüht. Mit diesen Positionen ist er nicht mehr nur politischer Dissident der UdSSR, sondern unter verdrehten Vorzeichen auch im postsowjetischen Russland. Boris Kagarlitzkij ist heute Direktor des ‚Instituts für Globalisierung und soziale Bewegung’ (IGSO) in Moskau, Initiator und verantwortlicher Herausgeber des in Moskau erscheinenden Monatsbulletins ‚Linke Politik’ und Redakteur an der Internetplatform ‚www.RABKOR.ru’

Die Einteilung der beiden Bände folgt den wesentlichen Phasen, in denen sich der Verlauf der Perestroika vollzogen hat: Aufkündigung des Alten durch Michail Gorbatschow bis hin zur Auflösung und effektiven Zerstörung der sowjetischen Strukturen durch Jelzin. Das betrifft nicht nur die Auflösung der Union 1991 durch Jelzin, sondern umschließt auch noch die systematische Auflösung, bzw. Zerstörung der sowjetischen Strukturen im Lande selbst nach dem, was man auch den zweiten Putsch nennen kann, also nach der gewaltsamen Auflösung des obersten Sowjet durch Jelzin 1993. Gegen Ende der zweiten Hälfte der Jelzinschen Amtszeit geht die Auflösung nach einer ruhigeren Übergangsphase ´96/97 und der darauf folgenden innerrussischen Bankenkrise von 1998 in eine offene Restauration unter dem Stabilisator Wladimir Putin über. Von daher ist es keineswegs zufällig, dass Boris Kagalitzki und ich unser längstes und am tiefsten in die sozialen Strukturen vordringendes Gespräch im Herbst `97 führen konnten – nach Jelzins Wiederwahl und vor dem Zusammenbruch von 1998. Danach folgen ‚nur noch’ Stadien der Wiederherstellung des Staates unter neuen, nicht mehr sowjetischen, sondern ‚demokratischen’ Vorzeichen der von Putin betriebenen autoritären Modernisierung, die bis heute nicht abgeschlossen ist.

So bestreiten der Initiator Gorbatschow und der Beschleuniger Jelzin also Band eins, der kränkelnde Jelzin und der Stabilisator Putin (unterstützt durch Medwedew) Band zwei.

Zur Orientierung ist jedem Gespräch eine knappe Situationsskizze und Kurz-Chronologie beigegeben, unter welchen Umständen und wann es stattgefunden hat. Eine durchlaufende Chronologie im Anhang ermöglicht zudem eine Einordnung in den zeitlichen Gesamtzusammenhang. Zusätzlich gibt es einen INDEX, über den alle im Text erwähnten Personen oder Organisationen aufgesucht werden können. Dieser Aufbau macht die beiden Bände über die einzelnen Gespräche hinaus auch zu einem Nachschlagewerk der neueren russischen Geschichte.

Ulrich Leicht, Rentner, Industriebuchbinder, langjähriger BR-Vorsitzender, gesellschaftskritischer Aktivist in der IG-Druck, IG Medien, zuletzt ver.di und bei der Gewerkschaftslinken; u.a. Vorstandsmitglied bei Labournet.de und Mitglied im Berliner Verein zu Förderung der MEGA-Edition e.V.

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=92464
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