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Die selbstverwaltete Kachelfabrik Zanon in Argentinien
Dossier
Die Arbeiter von Zanon hatten in ihrer seit 2001 besetzten Fabrik die Produktion wieder aufgenommen, sie verkaufen in Selbstverwaltung hergestellte Soli-Kacheln mit dem Logo ihrer Gewerkschaft und propagieren für den Betrieb die „Verstaatlichung unter Arbeiterkontrolle“. Die konnten sie zwar letzten Endes nicht durchsetzen, aber nach mehreren gescheiterten Räumungsversuchen beschloss das Provinzparlament 2009, die Fabrik zu enteignen und der von den ArbeiterInnen gegründeten Kooperative FaSinPat zu überlassen. Am 9. November 2012 konnten die compañer@s von Zanon endlich das vom Gouverneur der Provinz Neuquén unterschriebene Dekret in Empfang nehmen,mit dem die Enteignung besiegelt wird. Diese war bereits im August 2009 vom Provinzparlament beschlossen worden, aber für die Umsetzung waren noch viele weitere Demonstrationen nötig (zuletzt am 5.11.). Jetzt geht die Fabrik in das Eigentum der Kooperative FaSinPat über, und die Gefahr einer gewaltsamen Räumung ist wirklich vom Tisch. Siehe zu den Hintergründen und der weiteren Entwicklung unser Dossier:
- Zanon-Fabrik in Argentinien seit 20 Jahren in ArbeiterInnenhand
„Heute ist der 20. Jahrestag der Besetzung von Cerámica Zanon in Neuquén, Argentinien. Jahrestag der Besetzung von Cerámica Zanon in Neuquén, Argentinien, die zu einer noch nie dagewesenen Erfahrung mit der Arbeiterführung führte. In einer Welt, die unter der Last des Kapitalismus versinkt, leistet Zanon weiterhin Widerstand – und ist ein Symbol für die Arbeiterklasse…“ So beginnt der Artikel „Un símbolo. Zanon, 20 años de gestión obrera“ von Alejo Lasa vom 1. Oktober 2021 bei La Izquierda Diario – mit vielen Fotos und Videos zur Geschichte der Besetzung. Siehe im Special von La Izquierda Diario aus diesem Anlass auch:- ein Video von der 1,5-stündigen Kundgebung am 1. Oktober
- A 20 años.ZANON: el grano de arena que llevamos en la mochila . Ein sehr persönlicher Bericht einer Politisierung durch Zanon, von Roberto Amador, einem Kollegen, der heute in der ebenfalls übernommenen Druckerei Madygraf in Buenos Aires arbeitet.
- 20 años de gestión obrera en Zanon: hablan protagonistas de la lucha – 20 Jahre Betriebsleitung bei Zanon: Protagonisten des Kampfes kommen in dem Video zu Wort
- Historia reciente.“Zanon, el hilo rojo”: mirá la serie de la fábrica sin patrones ocupada en 2001 y que es un ejemplo de lucha vigente – „Zanon, der rote Faden“: Serie von Videos über die Fabrik ohne Chefs, die 2001 besetzt wurde, in denen die Rolle der Trotzkist*innen in den verschiedenen Phasen der Fabrikübernahme beleuchtet wird
- 15. Dezember 2016: Internationale Solidaritätskampagne für die Kolleg_innen der selbstverwalteten Fliesenfabrik Zanon in Neuquén / Argentinien
- [Veranstaltung am 3.12.16 in Berlin] Zanon: Eine Fabrik ohne Chefs. 15 Jahre Produktion unter Kontrolle der Arbeiter*innen
„2001 in Argentinien. Es herrscht Wirtschaftskrise. Die Keramikfabrik Zanon soll schließen. So hat es der Besitzer verkündet. Für die 500 Beschäftigten bedeutet das Arbeitslosigkeit – und Elend. Doch die Arbeiter*innen von Zanon nehmen ihr Schicksal nicht hin. Sie streiken. Sie besetzen ihre Fabrik. Um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, fangen sie an, die Lagerbestände zu verkaufen. Bis ihnen eine einfache, aber revolutionäre Idee einfällt: Auch ohne den Kapitalisten können sie weiterhin Fliesen produzieren. So entstand die „Fabrik ohne Bosse“. Seit 15 Jahren produziert die Fabrik unter Selbstverwaltung. Statt für den Profit produzieren die Kolleg*innen für die Menschen in ihrer Region. Sie haben neue Arbeitsplätze geschaffen. Alle Entscheidungen werden demokratisch in Versammlungen getroffen. Alle bekommen den gleichen Lohn…“ Aus der Einladung bei Klasse gegen Klasse zur Diskussionsveranstaltung mit Paula Varela, Soziologin aus Buenos Aires, Autorin eines Buches über die klassenkämpferische Basisbewegung in den Gewerkschaften, und dem Film „Mate, Ton und Produktion“ (AK Kraak, 52 Minuten, 2003) am Samstag, 3. Dezember, 18 Uhr, im Versammlungsraum im Mehringhof, Gneisenaustr. 2a, U6/U7 Mehringdamm, Berlin. Siehe dazu weitere Informationen und das Grusswort von LabourNet Germany, dem Mitveranstalter und nun der Bericht:- Erfolgreiche Veranstaltung zur argentinischen Selbstverwaltung in Berlin
„„Zanon zeigt nicht nur in der Theorie, sondern in der Praxis, dass die Kapitalist*innen Parasiten sind.“ Paula Varela, Dozentin von der Universität Buenos Aires, sprach über die klassenkämpferische Basisbewegung in den argentinischen Gewerkschaften, die Zanon als Vorbild nahm. Junge Arbeiter*innen an den verschiedensten Arbeitsplätzen haben sich basisdemokratisch organisiert, um gegen Prekarisierung zu kämpfen und die Bürokrat*innen aus ihren Gewerkschaften zu schmeißen“ – eine Passage aus dem Veranstaltungsbericht „Fast 100 Menschen diskutieren in Berlin über die besetzte Fabrik Zanon“ von Wladek Fakin am 05. Dezember 2016 bei Klasse gegen Klasse zur Veranstaltung Zanon: Eine Fabrik ohne Chefs am 3. Dezember, zu der neben anderen auch LabourNet Germany aufgerufen hatte – und worin auch noch unterstrichen wird: „Aber Zanon ist kein Einzelfall. Ein zweiter Film, nur drei Minuten lang, zeigte den Kampf der Druckerei Madygraf, wo die Produktion unter Arbeiter*innenkontrolle seit zwei Jahren läuft“ (im Bericht auch ein Link zu diesem Kurzfilm)
- Organisiert von: Antirassistische Bewegung Weißensee; Interbrigadas; Labournet.de; Revolutionäre Internationalistische Organisation (RIO); Revolutionär-kommunistische Jugend (RKJ); ver.di aktiv, Basisgewerkschaftsgruppe bei der BVG; ver.di-Betriebsgruppe Botanischer Garten.
- „Zanon war und ist eine Schule der Klassensolidarität“. Ein Interview von Wladek Flakin am 29. 11.2016 mit Paula Varela , Politikwissenschaftlerin und Dozentin an der Universität Buenos Aires
- Grußwort von LabourNet Germany an die Berliner Zanon- Veranstaltung am Dezember 2016
Liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Veranstaltung zu Zanon in Berlin, für LabourNet Germany ist es sowohl eine Freude, als auch eine Ehre, zum Kreis der Mitveranstalter dieses Treffens zu gehören.
Denn im Laufe der Jahre ist, mit allen Windungen und Wendungen, mit allen Schwierigkeiten der Politik und des Alltags, Zanon zu einem Begriff geworden, was die Bewegung selbstverwalteter Betriebe betrifft. Zu einem positiven Begriff, zu einem Begriff des “Es geht, trotz allem“ – und das keineswegs nur in Argentinien, sondern weit über die Grenzen des Landes hinaus.
Nicht zufällig waren bei einem großen Treffen selbstverwalteter europäischer Betriebe in Griechenland Ende Oktober 2016 die Erfahrungen bei und von Zanon ein Gegenstand von Debatten. Und wenn wir nur auf unsere eigene Berichterstattung zur Zanon Selbstverwaltung zurückschauen, so haben wir erstmals am 9. April 2003 darüber berichtet und seitdem kontinuierlich – über alle Etappen des Kampfes um Legalisierung und Entwicklung hinweg.
Und wir waren ja beileibe nicht die Einzigen, die dies getan haben, viele von euch kennen die diversen Zeitschriften und Webseiten ebenso, wie das massive Engagement vieler Einzelpersonen und Gruppierungen, die sich solidarisch zur Unterstützung von Zanon eingesetzt haben. Denn es ist immer auch mehr als Solidarität: Immer schwingt dabei mit die Vorstellung, der Traum von einem anderen Leben, von einer anderen Gesellschaft als jener, in der wir heute leben müssen, einer Gesellschaft, in der Solidarität statt Konkurrenz das leitende Prinzip ist und dafür steht jeder Betrieb in Selbstverwaltung, auch wenn er im kapitalistischen Ozean überleben muss, und dafür steht, auf Grundlage des so langen Kampfes, vor allem eben die Zanon Belegschaft, die wir hiermit grüßen und der wir weiterhin unsere Solidarität versichern.
Möge die Veranstaltung zur Verbreitung dieser Ideen über den kapitalistischen Tellerrand hinweg beitragen!
- Erfolgreiche Veranstaltung zur argentinischen Selbstverwaltung in Berlin
- Dringende Unterstützungskampagne für Zanon Mai 2015: Argentinische Regierung will zugesagten Kredit nicht ausbezahlen
Der Fliesenfabrik Zanon, einem der bekanntesten der übernommenen Betriebe in Argentinien, droht wegen der Weigerung der Regierung, bereits zugesicherte Kredite auszuzahlen, das ökonomische Aus. Die inzwischen hoffnungslos veraltete Maschinerie bedarf dringend einer Erneuerung. Um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen, sammeln die compañer@s von Zanon nun auch international Unterschriften. Diese sollen in der BRD der Botschaft Argentiniens übergeben werden. Unterstützungsunterschriften bis zum 19. Mai an soli_zanon@gmx.de. In dem Brief „Solidarität mit der selbstverwalteten Fliesenfabrik Zanon in Neuquén / Argentinien!“ der Belegschaft von Zanon von Anfang Mai 2015 heißt es unter anderem „Wir Arbeiterinnen und Arbeiter von Zanon wollen nichts geschenkt haben. Wir fordern vom Staat nichts anderes als einen Kredit für den Kauf von Maschinerie und die technologische Erneuerung eines Teils der Fabrik. Dies ist unserer Meinung nach eine gerechtfertigte Forderung, um die Produktion weiterführen und die Arbeitsplätze erhalten zu können„
- Frischer Wind bei Zanon – Neuquén/Argentinien: Interview mit Raúl Godoy
„In der ila 357 hatten wir über die ökonomischen Schwierigkeiten der seit mehr als zehn Jahren selbstverwalteten Fliesenfabrik Zanon/FaSinPat berichtet. Die dringend notwendige technologische Erneuerung konnte nicht vorgenommen werden, da die Compañer@s keinen Zugang zu Krediten hatten. Die Enteignung von Zanon war zwar bereits 2009 vom Provinzparlament beschlossen, aber bis dahin nicht umgesetzt worden. Niedrige Löhne führten zu Spannungen in der Fabrik und drohender Entsolidarisierung. In der kleinen Gewerkschaft SOECN trat zum ersten Mal seit der Besetzung eine Oppositionsliste an. Bei den Wahlen im September setzte sich jedoch die bisherige Liste mit ihrer klassenkämpferischen Haltung durch und am 9. November 2012 konnten die Compañer@s endlich das vom Provinzgouverneur unterschriebene Enteignungsdekret in Empfang nehmen. Raúl Godoy war zur Zeit der Besetzung Generalsekretär der lokalen Gewerkschaft SOECN. 2009 kehrte er in die Produktion zurück. Anfang Januar hat er im Parlament der Provinz Neuquén für ein Jahr den Sitz des Links-Bündnisses FIT übernommen.“ Das Interview von Alix Arnold in der ila 362 vom Februar 2013 Wir bedanken uns bei der Autorin und dem Verlag für die Freigabe der Artikel und verweisen an dieser Stelle auf die neue ila (Nr. 362, Februar 2013) mit dem Schwerpunkt „Experiment Selbstverwaltung“.
Der ila-Schwerpunkt „Experiment Selbstverwaltung“ umfasst 40 Seiten (das gesamte Heft zählt 64 Seiten) und kann zum Preis von 5,- Euro (+ 0,50 Euro Porto) direkt bei der ila bestellt werden: Heerstraße 205, 53111 Bonn, Tel.: 0228-658613, Fax: 0228-631226, E-Mail: vertrieb@ila-bonn.de, Internet: http://www.ila-web.de
- Endlich unterschrieben: Die Enteignung der Fliesenfabrik Zanon
„Am 9. November 2012 konnten die compañer@s von Zanon endlich das vom Gouverneur der Provinz Neuquén unterschriebene Dekret in Empfang nehmen,mit dem die Enteignung besiegelt wird. Diese war bereits im August 2009vom Provinzparlament beschlossen worden, aber für die Umsetzung waren noch viele weitere Demonstrationen nötig (zuletzt am 5.11.). Jetzt geht die Fabrik in das Eigentum der Kooperative FaSinPat über, und die Gefahr einer gewaltsamen Räumung ist wirklich vom Tisch. Vor allem aber haben die compañer@s nun Zugang zu Krediten, die sie dringend benötigen, um die Maschinerie zu modernisieren. Mit ihrer veralteten Technologie konnten sie in der Konkurrenz nur noch schwer mithalten. Die Löhne der Arbeiter_innen von Zanon liegen heute weit unter denen vergleichbarer (nicht selbstverwalteter) Fabriken. Diese ökonomischen Schwierigkeiten hatten zu einigen internen Konflikten geführt (siehe http://www.ila-web.de/artikel/ila357/argentinien_zanon.htm ) .Manche Kolleg_innen waren der Meinung, dass angesichts der eigenen Misere nun endlich Schluss sein müsse mit der ewigen Solidarität mit anderen. Zum ersten Mal seit dem Beginn des Kampfes um Zanon bildete sich in der Gewerkschaft eine Oppositionsliste. So drohte mit den ökonomischen Problemen auch das politische Projekt zu kippen. Bei den Wahlen in der Gewerkschaft SOECN (die außer bei Zanon in zwei weiteren selbstverwalteten und einer Fabrik mit Chefs aktiv ist) konnte sich Ende September die bisherige Liste mit 71 Prozent durchsetzen. Damit wurde die klassenkämpferische Linie von der Mehrheit der Arbeiter_innen bestätigt. Bleibt zu hoffen, dass mit den jetzt möglichen Investitionen auch ein Teil der ökonomischen Probleme zu lösen ist…“ Beitrag von Alix Arnold vom 03.12.2012
- 10 Jahre Zanon
„Im April 2002 habe ich sie zum ersten Mal getroffen, in Buenos Aires. Compañeros der Fliesenfabrik Zanon waren aus dem 14 Busstunden entfernten Neuquén in die Hauptstadt gereist, wo sie zusammen mit den Compañeras der Textilfabrik Brukman zu einem „Treffen zur Verteidigung der besetzten Fabriken“ aufgerufen hatten. Nach dem Aufstand war das Land noch in Aufruhr; bei den 700 TeilnehmerInnen des Treffens herrschte Aufbruchstimmung. Die Arbeiter von Zanon hatten in ihrer seit einem halben Jahr besetzten Fabrik gerade die Produktion wieder aufgenommen, sie verkauften die ersten in Selbstverwaltung hergestellten Soli-Kacheln mit dem Logo ihrer Gewerkschaft und propagierten für den Betrieb die „Verstaatlichung unter Arbeiterkontrolle“. Die konnten sie zwar letzten Endes nicht durchsetzen, aber nach mehreren gescheiterten Räumungsversuchen beschloss das Provinzparlament 2009, die Fabrik zu enteignen und der von den ArbeiterInnen gegründeten Kooperative FaSinPat zu überlassen“ – so beginnt der Beitrag „Es wird schwieriger, den Zielen treu zu bleiben“ zu zehn Jahre Selbstverwaltung bei Zanon von Alix Arnold in der ila 357 Ausgabe Juli-August 2012
Ältere Beiträge zum Thema finden sich im LabourNet-Archiv. Siehe auch die (spanische) Homepage der Zanon-ArbeiterInnen