G7-Gipfel in Biarritz: Superreiche werden noch reicher…
Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 24.8.2019 – wir danken!
G7-Gipfel in Biarritz am Wochenende steht unter der Bilanz, Superreiche werden noch reicher, so dass das Motto dieses G7-Treffens „Kampf gegen die Ungleichheit“ zur Makulatur zu werden droht… hat Oxfam zum Start dieses westlichen Regierungsbündnisses G7 (ohne Russland) wieder einmal feststellen müssen (https://taz.de/Soziale-Ungleichheit/!5617623/ ).
Für die Bundesregierung bringt es Oxfam auf sieben Sünden (https://www.oxfam.de/ueber-uns/aktuelles/2019-08-22-forderungen-g7-gipfel-sieben-suenden-bundesregierung-dagegen-tun ). Deshalb sollte die Bundesregierung endlich Schluß mit leeren Worten machen – und handeln! (Allein ich vernehm diese Worte, doch der Glaube ist mir verloren gegangen)
Und damit die Forderungen, die den Gipfel begleiten,diesen Regierenden nicht zu nahe kommen, gleicht der Ort dieses G7-Treffens Biarritz einer Festung schon (https://www.zdf.de/nachrichten/heute/g7-gipfel-biarritz-grosse-sicherheitsvorkehrungen-102.html ) und wird wohl drei Tage lang eine Festung bleiben. (https://www.spiegel.de/politik/ausland/g7-gipfel-in-frankreich-biarritz-wird-zur-festung-a-1282983.html )
Ja, Frankreich lenkt nicht einmal ein, die Zivilgesellschaft allgemein zuzulassen, so wird es wohl ein Gipfel ohne Zivilgesellschaft. (https://www.onvista.de/news/g7-frankreich-lenkt-nicht-ein-gipfel-ohne-zivilgesellschaft-267695769 – siehe dazu vor allem auch, wie die deutschen Behörden dazu beitragen, wer noch an den Katzentisch darf: https://www.labournet.de/internationales/frankreich/politik-frankreich/19-26-august-2019-gegengipfel-zum-g7-treffen-in-frankreich/ oder kurz: https://www.labournet.de/?p=150124)
Und bei Hongkong versagt diese „Weltgemeinschaft“ der sog. Demokratien noch weiter und stärker – Werden jetzt durch Wirtschaftsinteressen das Interesse an einer Demokratie vernachlässigt? –
Hatte der Westen in seiner permanenten Marktgläubigkeit des so schön alle Probleme lösendenen Neoliberalismus – nach dem Ende der geregelten Phase der Nach-Kriegs-Bretton-Wood-Welt – sich doch die schöne Mär zurecht gelegt, dass der Markt auch die Demokratie im Gefolge habe, ja einfach haben müsse, so sind diese „Gläubigen“ jetzt bei Hongkong doch wieder die Gelackmeierten. Neben dem Handelskrieg gegen die USA kennt China in seiner totalen Staatsgläubigkeit nichts, und scheint fest entschlossen, die Demokratie in Hongkong brutal zu beenden. (https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/hongkong-konflikt-wirtschaft-1.4573486 )
Und so fühlen sich die in Hongkong für die Demokratie und ihre Menschenrechte Demonstrierenden von der sonst laut demokratisch tönenden westlichen Wertegemeinschaft schnöde im Stich gelassen. (https://www.fr.de/politik/proteste-hongkong-hilferuf-hongkong-12927630.html )
Dabei geht es hier um das Aufhalten des autokratischen chinesischen Politikmodells – was jedoch dieser sogenannte Westen nicht an sich mit klaren politischen Konsequenzen an sich herankommen lassen will – oder wie Max Zenglein vom Mercator Institut for Chinas Studies es formuliert:
Nicht mehr der Handel wandle die Chinesen zu Demokraten, sondern andersrum werden die „Händler“ (z.B. deutsche Konzerne) vom autokratischen chinesischen System zu Anti-Demokraten umgewandelt – wie das Beispiel der Hongkonger Fluggesellschaft Cathay Pacific zeigt: Die chinesische Luftfahrtaufsicht verfügte, dass Mitarbeiter, die an den „illegalen (= nach chinesischer Ansicht) Protesten“ teilnehmen, nicht mehr in die Volksrepublik fliegen, ja nicht einmal mehr chinesisches Territorium überqueren dürfen. Cathay Pacific hat fast 30 000 Angestellte in Hongkong. Das Unternehmen verhängte – in seiner Not – ein Demoverbot für seine Mitarbeiter. Jedoch nach 5 Tagen trat der Vorstandschef zurück, er konnte diesen Kurs in Hongkong nicht länger verantworten. (https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/hongkong-konflikt-wirtschaft-1.4573486 – siehe auch Gewerkschaftsvorsitzende der Flugbegleiter von Cathay Dragon entlassen wegen ihrer Beteiligung an den Protesten in Hongkong – Belegschaft soll (nicht nur dadurch) eingeschüchtert werden)
Wichtig ist daher die Ermahnung von Felix Lee, jetzt Hongkong nicht hängen zu lassen in seinem Kampf zur Erhaltung der Demokratie. (https://taz.de/Deutsch-chinesische-Beziehungen/!5617082/ )
Kein anderes Land hat vom Aufstieg Chinas soviel profitiert wie Deutschland – und Kanzlerin Merkel reist Anfang September nach China – und das Mindeste, was man von ihr erwarten kann ist, dass sie von Peking explizit die Einhaltung des völkerrechtlichen Vertrags einfordert. (https://taz.de/Deutsch-chinesische-Beziehungen/!5617082/ )
Der Handelskrieg zwischen USA und China, den größten Volkswirtschaften, der Welt beeinträchtigt nicht nur die Weltwirtschaft, sondern auch die Weltordnung
Wenigstens die Regierenden wollen dennoch miteinander reden – und so soll US-Präsident Trump für Bundeskanzlerin Merkel viel Kritik im Gepäck haben. (https://www.merkur.de/politik/g7-gipfel-in-biarritz-trump-plant-treffen-mit-merkel-und-hat-viel-kritik-im-gepaeck-zr-12935462.html )
Nur dürfte es Schwierigkeiten geben, dass bei diesem Gerangel der Großen noch für die Zukunft Gemeinsamkeiten erhalten bleiben. So hatte auch Frankreich auch schon mit seiner Digitalsteuer den Unwillen von Trump erregt.
Trump twitterte vor seiner Abreise nach Biarritz noch etwas, das wieder nichts Gutes verheißt: Es komme nicht nur darauf an zu gewinnen, sondern man müssen mit großem Abstand gewinnen, twitterte Trump noch vor seiner Abreise an die französische Atlantikküste. (https://www.sueddeutsche.de/politik/g7-trump-merkel-wirtschaft-1.4573469 )
Die Weltunordung Made in America wird weiter in atemberaubenden Tempo beschleunigt.
Eigentlich ist diese wachsende Weltentfremdung der USA keine Erfindung der Trump-Präsidentschaft, erklärt Stefan Cornelius noch. Amerikas außenpolitische Identitätskrise begann weit früher. Allerdings hat der amtierende Präsident die Weltunordung Made in America in atemberaubenden Tempo beschleunigt.
Ein Ereignis wie dieser G7-Gipfel erlaubt es nur den Stand dieses Zerstörungswerkes in besonderer Klarheit zu erkennen. Das amerikanische Jahrhundert ist vielleicht kalendarisch noch nicht abgelaufen, politisch jedoch ist es beendet. Und es war Donald Trump, der die USA nicht stärker, sondern deutlich schwächer gemacht hat und die einst bestimmende Kraft im Spiel der Mächte inzwischen bisweilen der Lächerlichkeit preisgibt. (https://www.sueddeutsche.de/politik/trump-usa-g7-1.4574127 )
Gleichzeitig bekämpft Trump noch die Unabhängigkeit der Geldpolitik in den USA, um sie zu „seinem“ Instrument der Politik zu machen – und die ökonomischen Probleme wohl noch zu vergrößern. (https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/jackson-hole-powell-notenbank-1.4573523 )
Und Powel steckt in einer Klemme, weil er mit der Geldpolitik gar nicht in der Lage ist, diese durch den Handelsstreit mit China unter den Verbrauchern und den Unternehmen entstandene Unsicherheit mit den Mitteln der Geldpolitik zu beseitigen. Und so hat die Fed, als jetzt am Freitag Chinas Staatspräsident Xi Jinping ankündigte, wieder zum Ärger Trumps nicht damit reagiert den Zins zu senken.
Ja. Präsident Trump verstieg sich sogar zu der unverschämt-demagogischen Anschuldigung gegenüber Jerome Powell, dem Präsidenten der Fed: „Meine einzige Frage ist: Wer ist unser größter Feind? „, twitterte der Präsident: Jay Powell oder der Vorsitzende Xi?“ (https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/jackson-hole-powell-notenbank-1.4573523 )
Und so wird der Kampf um den Urwald in Brasilien gegen Bolsenaro, der auch auf der Tagesordnung dieses G7-Gipfels in Biarritz steht, allein von Europa angegangen werden müssen.
Jetzt bleibt es den Staaten der EU vorbehalten, Bolsenaro unter Druck zu setzen, was jedoch gerade Deutschland mit seiner enormen Exportlastigkeit wieder besonders treffen wird – aber jetzt kann vor allem noch Druck ausgeübt werden, indem das Mecosur-Handelsabkommen ausgesetzt wird. (https://www.dnn.de/Nachrichten/Politik/Bolsonaros-Aussagen-zur-Katastrophe-im-Amazonas-infam-und-verrueckt )
Selbstverständlich wäre eine Suspendierung des Abkommens nicht im Interesse der Exportwirtschaft Europas. Auch für europäische Verbraucher brächte das Nachtteile mit sich – zum Beispiel in Form steigender Fleischpreise. Doch langfristig gesehen ist der Schutz des Klimas auf der Erde wichtiger. (https://aktion.campact.de/mercosur/amazonas/teilnehmen )
Irland und Frankreich haben das bereits erkannt. Diese beiden EU-Länder wollen den Handelspakt mit Merdorsur vorerst nicht unterschreiben. Die Regierung des Exportriesen Deutschland sollte sich anschließen. (https://www.dnn.de/Nachrichten/Politik/Bolsonaros-Aussagen-zur-Katastrophe-im-Amazonas-infam-und-verrueckt )
Das Motto des G7-Treffens „Kampf gegen die Ungleichheit“ wird so zur Randerscheinung.
So ist jedoch zu erwarten, dass für das Motto des Treffens „Kampf gegen die Ungleichheit“ nichts Relevantes in Biarritz rauskommen wird.
Vielleicht wird man dort schon froh sein, wenn das westliche Bündnis nicht allzusehr durch US-Präsident Trump beschädigt wird. (https://www.focus.de/finanzen/boerse/wirtschaftsticker/g7-gipfel-in-biarritz-eu-schaut-mit-besorgnis-nach-frankreich_id_11059335.html )
Deutschland und Frankreich wollen noch eine Initiative für die Sahelzone anregen. (https://www.zeit.de/news/2019-08/23/deutschland-und-frankreich-wollen-in-biarritz-initiative-fuer-sahel-zone-starten )
Zur Ungleichheit lieben schon ausführliche Analysen – auch vom IWF – vor so dass der „Kampf gegen die Ungleichheit“ dennoch nicht untergehen muss.
Wenn man in Betracht zieht, dass der IWF schon deutliche Worte zur krisenverstärkenden und -auslöseneden Rolle der Ungleichheit gefunden hatte, (vgl. dazu die beiden Abschnitte „Das schwierige Erbe für Christine Lagarde bei der EZB: Eine enorme Konzentration der Geldvermögen auf eine kleine Schicht, das nur noch die Finanzmärkte flutet, statt real zu investieren“ – sowie „Dazu muss noch kommen: Der weiter grassierenden Ungleichheit den Kampf ansagen“ – auf der Seite 1 bei https://www.labournet.de/?p=152210 – sowie weiter die beiden Abschnitte „IWF: Exportboom aus Deutschland ist nur für die Reichen da“ – sowie „Niedriglöhne bleiben zu wenig beachtet – und 1,8 Mio erhalten nicht den Mindestlohn“ – auf der Seite 2 wieder bei https://www.labournet.de/?p=152210), dann bleibt es eigentlich von der Sache her recht erbärmlich, was diese G7 noch zu bieten haben in ihrem angeblichen Kampf gegen die Ungleichheit.
Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 24.8.2019 – wir danken!
- Siehe auch das Dossier: [19. – 26. August 2019] Gegengipfel und Proteste zum G7 Treffen in Frankreich