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Eindämmungsversuche: Reaktionen auf die ungebrochene Stärke der Gelbwesten – gewerkschaftliche Sozialpartner schließen die Reihen. Mit ihren Regierungen

Foto von Bernard Schmid: "Wenn man die friedlichen Revolutionen unterdrückt, macht man gewaltsame revolutionen unvermeidlich ( JFK )". Na ja... (Demo in Paris am 5.1.19)Weil es Schwarze und Araber sind, ist es keine soziale Bewegung? Das ist doch Unsinn. Ich glaube eher, dass die Banlieue-Proteste eine Avantgarde-Funktion für die gilets jaunes erfüllten. Sie übernehmen ja auch deren Methoden: die Politik des Abfackelns. Wir sind verzweifelt, also legen wir Feuer. Indem man Feuer legt, wird man sichtbar, markiert laut und deutlich, dass man da ist, sein Leben führen und fair behandelt werden möchte. Man könnte es so sagen: Die Methoden und die Probleme der Banlieue sind mit den gilets jaunes in die erweiterte Agglomeration exportiert worden. Es gibt eine große Nähe zwischen den beiden Bewegungen. (…) Die klassischen Formen des politischen Widerstandes haben eben ihre Grenzen gezeigt. Die Mobilisierung gegen die Reform des Arbeits­rechts unter François Hollande hatte nicht fundamental andere Motive, sie ging die normalen Bahnen und scheiterte kläglich. Doch wenn der Widerstand scheitert, heisst das nicht, dass der Zorn verschwindet, es bedeutet, dass dieser sich auf andere Weise artikulieren wird. Man darf ausserdem nicht darüber hinweg­sehen, dass auch viele Gewerkschafter und Eisen­bahner, das heisst Leute, die an den voran­gegangenen Protesten teilgenommen haben, nun bei den gilets jaunes dabei sind. Jetzt ist zwar eine sehr heterogene Bewegung entstanden, die ganz verschiedene Gruppierungen versammelt und wie gesagt auch Anhänger von Marine Le Pen umfasst. Die normalen politischen Grenz­ziehungen sind verwischt. Aber das bedeutet nicht, dass die gilets jaunes nicht in älteren Protest­bewegungen wurzeln…“ – das sind Auszüge aus Antworten im zweiten Teil des Gesprächs von Daniel Binswanger mit Didier Eribon, Edouard Louis und Geoffroy de Lagasnerie „«Das ist nicht Neoliberalismus, das ist Klassenkampf»“ am 14. Januar 2019 in der Republik externer Link (Schweiz) zum Protest der Gelbwesten in Frankreich und dem „Unverständnis“ von traditionellen Organisationen, Medien und Herrschenden gegenüber dieser Bewegung, die die drei Linksintellektuellen hier versuchen, in Kontinuität zu früheren Protesten zu sehen (zum ersten Teil des Gesprächs siehe den Hinweis auf unseren letzten Beitrag unten). Siehe dazu auch drei Beiträge zu traditionellen Reaktionen auf diese Bewegung – der französischen Regierung und regierungsnaher Gewerkschaften (nicht nur aus Frankreich…):

  • „Macron startet Charme-Tour“ am 15. Januar 2019 bei Spiegel Online externer Link berichtet – mit üblicher Sympathie für Macron – über den Auftritt des Präsidenten in der Normandie – dem ersten nach seinem offenen Brief an die Protestbewegung – unter anderem: „Der 41-Jährige reagiert mit dem landesweiten Dialog, der bis zu Mitte März laufen soll, auf Massenproteste der „Gelbwesten“-Bewegung. Sie gilt als bislang größte Herausforderung für den jungen Staatschef. Die „Gelbwesten“ wenden sich gegen die Reformpolitik der Mitte-Regierung, einige fordern auch den Rücktritt Macrons. Immer wieder kam es in den vergangenen zwei Monaten zu Ausschreitungen. Vor der Turnhalle demonstrierten einige „Gelbwesten“, wie auf Fernsehbildern zu sehen war. Ein großes Sicherheitsaufgebot war vor Ort.(…) Bei der Debatte können Bürger Vorschläge zu den Themen Steuern, ökologischer Übergang, Demokratie und Migration sowie Staatsorganisation machen. Die Debatte soll unter der Schirmherrschaft der Bürgermeister stehen. Daraus sollen dann konkrete Entscheidungen folgen. Macron hatte in einem Brief an die Franzosen knapp drei Dutzend Einzelfragen aufgelistet. „Es gibt keine Tabus“, erklärte er nun bei der Auftaktveranstaltung der Debatte. Zuvor hatten ihm Linke vorgeworfen, bestimmte Themen auszuklammern…“ – wobei er, etwa in der Frage der Entlastung von der Vermögenssteuer, erstmals Kompromissbereitschaft zeigen musste…
  • „„Wir erleben völlig unbekannte, neue Protestformen““ am 15. Dezember 2018 im Deutschlandfunk externer Link war ein Gespräch des DGB-Vorsitzenden Reiner Hoffmann mit Jürgen Zurheide, worin das „Unverständnis“ beispielsweise so formuliert wird, dass es am Ende auf mangelnde Kontrolle hinaus läuft: „Das ist ja nichts Neues, dass wir zum Teil unterschiedliche Protestformen, gerade was Gewerkschaften betrifft, in den 70er-Jahren zwischen Frankreich und Deutschland haben. Was wir heute erleben, Sie hatten in der Anmoderation darauf hingewiesen, sind völlig unbekannte, neue Protestformen, wo völlig unterschiedliche Gruppierungen zusammenkommen, zum Teil rechtsnational, ja, manchmal rechtsradikale Gruppen verbinden sich, verbünden sich mit linken Kräften. Dieser Protest hat auch eine Form von Radikalisierung erreicht, ich glaube, das ist überhaupt nicht zielführend. Und es ist in der Tat so, dass vieles in Frankreich offensichtlich aus dem Ruder gelaufen ist. Ich war vor 14 Tagen mit meinen französischen Kollegen zusammen, die haben mir ganz klar gesagt, es gibt keinerlei Möglichkeiten, dass die Gewerkschaften, weder die CGT, noch die CFDT, da direkt einen Griff dran bekommt. Das sind Formen von sozialem Protest, der sich da breitmacht. Man muss ihn ernst nehmen, weil viele Menschen sind einfach auch zutiefst enttäuscht, auch Menschen, die hohe Erwartungen an Macron hatten, Menschen wenden sich ab. Und Menschen haben ein feines Gespür dafür, ob es gerecht zugeht – und da passen viele Dinge in Frankreich nicht zusammen. Die Unternehmenssteuerreform von Macron hat massive Entlastungen für die Unternehmen gebracht, gleichzeitig steigen die Abgaben, jetzt in der aktuellen Konfliktlage, auf Benzin und Diesel. Macron treibt eine Flexibilisierung des Arbeitsrechtes voran, die mit den Gewerkschaften nicht konsultiert ist. Hier werden strategische Fehler gemacht und ich kann da nur sagen, Macron sollte sich ein Beispiel nehmen, wie man auch über den sozialen Dialog, wie wir ihn in Deutschland pflegen, über Sozialpartnerschaft, die wir mit der BDA auch häufig eine Konfliktpartnerschaft haben, dass wir Gewerkschaften da nicht außen vor lassen. Ansonsten können sich solche unkontrollierten, neuen, unbekannten Protestformen, die zum Teil getragen sind über die sozialen Medien, verbreiten. Und mit Verlaub, was meine französischen Kollegen mir sagen, ist, das Ganze ist risikoreich, weil man davon ausgehen muss, dass auch die radikale Rechte mit Le Pen und der Front National dieses versucht zu instrumentalisieren. Le Pen ist schon dabei, aber auch von links, Mélenchon versucht sich, dieser Bewegung anzunehmen…“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=142786
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