[Gegen-Demonstration 27. August 2018] Nazi-Pogrom in Chemnitz: Polizei abwesend, AfD nicht
Dossier
„Der spontane Aufmarsch Hunderter Menschen nach dem gewaltsamen Tod eines 35-jährigen Deutschen in Chemnitz beschäftigt an diesem Montag Polizei und Stadt. (…) Hintergrund der Demonstration ist der Tod eines 35-jährigen Deutschen nach einem Streit zwischen Menschen mehrerer Nationalitäten in der Nacht zum Sonntag nach dem Chemnitzer Stadtfest. Das schwer verletzte Opfer starb im Krankenhaus. (…) Zur Versammlung hatte laut Medienberichten die rechte Ultra-Fußballvereinigung Kaotic Chemnitz aufgerufen. Rund 800 Personen nahmen laut Polizei teil…“ aus der Meldung „Spontaner Aufmarsch in Chemnitz – Stadt will Aufklärung“ am 27. August 2018 in der Berliner Morgenpost . Siehe dazu weitere Beiträge, auch zur antifaschistischen Gegen-Demonstration 27. August und der juristischen Verarbeitung:
- Über fünf Jahre nach dem Angriff von Rechtsextremen in Chemnitz wurde ein erstes Verfahren eingestellt. Das nächste soll nun gar nicht eröffnet werden.
„Mehr als fünfeinhalb Jahre nach Ausschreitungen am Rande einer rechten Demonstration in Chemnitz wird es zunächst keinen weiteren Prozess geben. Das Landgericht Chemnitz lehnte die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen neun Beschuldigte ab. Zur Begründung erklärte das Gericht am Freitag, es sehe einen erforderlichen hinreichenden Tatverdacht nicht als gegeben an. (…) Bei der zur Last gelegten gefährlichen Körperverletzung in elf Fällen setzt dem Gericht zufolge eine Strafbarkeit voraus, dass die Beschuldigten an den Taten selbst als Täter oder Teilnehmer beteiligt waren. Dies könne die Kammer aber nicht erkennen. Vielmehr erschöpfe sich ihre Beteiligung den Ermittlungen zufolge „in der bloßen Anwesenheit und dem Mitlaufen in einer Menschenmenge am Ort der Gewalttätigkeiten“, erklärte das Gericht. Gegen den Beschluss können Staatsanwaltschaft und Nebenklage Beschwerde einlegen, die Generalstaatsanwaltschaft tat dies bereits. Darüber entscheidet dann das Oberlandesgericht Dresden…“ afp-Meldung vom 24.5.2024 in der taz online - „Schlampige Ermittlungen und teilnahmslose Richter“: Einstellungen für alle Angeklagten der Nazi-Angriffe 2018 in Chemnitz
„Ein kurzes Abklatschen, dann ein erleichtertes Strahlen im Gesicht und eine kurze Umarmung. Sichtlich waren die drei Rechtsextremisten, welche sich wegen gefährlicher Körperverletzung am Landgericht Chemnitz verantworten mussten, mit dem Ergebnis zufrieden. Am achten Verhandlungstag wurde das Verfahren gegen alle drei Angeklagten gegen eine Geldauflage von 1.000 Euro eingestellt. Angeklagt waren die drei Rechtsextremisten wegen schweren Landfriedensbruchs und gefährlicher Körperverletzung. Laut Anklage sollen sie am 1. September 2018 Teil einer Gruppierung gewesen sein, die nach einer rechten Demonstration in Chemnitz, einem sogenannten Trauermarsch, organisiert von Landesverbänden der AfD und Pegida, mehr als ein Dutzend Gegendemonstrant*innen angegriffen zu haben. Bereits am zweiten Verhandlungstag wurde das Verfahren gegen den ersten Angeklagten eingestellt. (…) Insgesamt scheint es drei Angriffe auf verschiedene Gruppen von Gegendemonstrant*innen gegeben zu haben. Dabei wird sowohl wiederholt von Schlägen ins Gesicht oder auf den Hinterkopf, Tritten und Bedrohungen gesprochen. (…) Drei Personen wurden in den vergangenen Verhandlungstagen immer wieder erkannt, teilweise an den Lichtbildern, teilweise an der Beschreibung der Kleidung, teilweise namentlich – Lasse R. und Pierre B. aus Braunschweig sowie Grigor K. Mehrere Zeug*innen beschrieben sie als Rädelsführer, als die, die vor den Anderen der Gruppe liefen, Ansagen machten und besonders aggressiv wirkten. (…) Überraschenderweise brachte die Staatsanwaltschaft nach einer ersten Zeugenvernehmung heute ein Angebot erneut ein: Verfahrenseinstellung gegen Geldauflage, wenn die Angeklagten aussagen würden. Dies wurde damit begründet, dass die drei Angeklagten Timo B., Mark B. und Marcel W. Eher Mitläufer seien. Der Staatsanwalt würde nicht davon ausgehen, dass die Rechten bei ihren Angriffen Waffen getragen hätten und es gäbe eher psychische als schwerwiegende physische Folgen bei den Geschädigten. Andere Angeklagte, auch hier fallen immer wieder die Namen Lasse R., Pierre B. und Grigor K., hätten als Rädelsführer agiert, die derzeitigen Angeklagten wären dabei nur mitgelaufen. (…) Gegen alle drei Angeklagte wird das Verfahren gegen eine Geldzahlung von 1.000 Euro an verschiedene gemeinnützige Organisationen eingestellt. Der Vorsitzende Richter bestätigt zwar, dass es „am 01.09.2018 […] zu Straftaten in der Chemnitzer Innenstadt [kam], steht außer Zweifel“, betonte aber, dass es kein „Gesinnungsstrafrecht“ gebe und er deswegen zu der Entscheidung der Einstellungen gekommen sei. Mit keinem Wort wird dabei im Plädoyer des Richters auf die politische Dimension oder die schwerwiegenden Folgen für die Betroffenen eingegangen. (…) Nebenklagevertreterin Onur Özata sprach von „schlampigen Ermittlungen und teilnahmslosen Richtern“. Es sei „ein fatales Signal an die Betroffenen rechter Gewalt, dass die Vollstrecker rassistischer Vertreibungsfantasien völlig straffrei ausgehen.“ (…) „Es ist ein Skandal, dass die sächsische Justiz fünfeinhalb Jahre nach den rassistischen und rechten Ausschreitungen und dieser massiven Tat kaum etwas versuchte, um aufzuklären und Gerechtigkeit im Sinne der dutzenden Betroffenen wiederherzustellen“, so Anna Schramm, Beraterin bei der Betroffenenberatung „SUPPORT“…“ Beitrag von Anna-Louise Lang vom 19. Januar 2024 bei Endstation Rechts („Rechte Angriffe in Chemnitz: Einstellungen für alle Angeklagten“) – siehe auch:- Verfahren eingestellt gegen Neonazis: 1000 Euro fürs Prügeln
„Fünf Jahre nach dem Angriff von Rechtsextremen in Chemnitz wird das Verfahren gegen drei Angeklagte unter Auflage eingestellt. Betroffene sind empört.
Eigentlich waren noch drei weitere Prozesstage angesetzt. Doch das Chemnitzer Landgericht stellte am Freitag das Verfahren gegen drei Männer ein, die sich am Rande rechter Ausschreitungen im September 2018 in Chemnitz an Angriffen auf elf linke Demonstrant*innen beteiligten. Die drei waren wegen Körperverletzung und Landfriedensbruch angeklagt. Nun müssen sie innerhalb von sechs Monaten jeweils 1.000 Euro an soziale Einrichtungen zahlen. Die Betroffenen reagierten mit Unverständnis, die Nebenklage nannte es einen Skandal. Durch den Prozess habe er gelernt, kommentierte ein Betroffener, der anonym bleiben möchte, nach der Entscheidung, „dass Nazis in Deutschland nichts zu befürchten haben, wenn sie auf politische Gegner losgehen“. Anna Schramm, die damals Angegriffene im Projekt „Support“ in Chemnitz berät, sagte der taz: „Die Betroffenen waren schon vor dieser Entscheidung vom schleppenden Verfahren desillusioniert. Die Justiz hat die Dimension der Straftaten nicht erkannt.“
Am Montag äußerte sich das Landgericht Chemnitz gegenüber der taz nicht dazu, aus welchem Grund es das Verfahren nach Paragraf 153a Strafgesetzbuch eingestellt hat. Demnach müssen die Auflagen oder Weisungen geeignet sein, „das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen“.
Freifahrtsschein für Neonazis?
Das Landgericht verwies auf die Generalstaatsanwaltschaft, die dazu angeregt hatte, das Verfahren einzustellen. Die antwortete, „unter Berücksichtigung der maßgebenden Umstände“, sei die Auflage geeignet, um das Interesse zu beseitigen. Die Entscheidung des Gerichts ist nicht anfechtbar. Ein weiterer Angeklagter hatte zu Beginn gestanden, gegen ihn wurde das Verfahren auch eingestellt. (…) Die Geldauflage von 1.000 Euro, die das Gericht den Angeklagten auferlegt hat, ist rechtlich keine Strafe. Ursprünglich waren vor der 4. Kammer des Landgerichts neun Männer angeklagt. Gegen zwei wurde das Verfahren eingestellt, weil sie in anderen Prozessen zu höheren Strafen verurteilt wurden. Drei Verfahren wurden aufgeschoben: Zum einen das Verfahren des bundesweit bekannte Neonazis Steven Feldmann aus Dortmund, der schon vor dem Prozess untergetaucht war. Ein weiteres Verfahren, bei dem die Ladung dem Angeklagten nicht zugestellt werden konnte und das eines Angeklagten, der derzeit nicht prozessfähig ist…“ Artikel von David Muschenich vom 22.1.2024 in der taz online
- Verfahren eingestellt gegen Neonazis: 1000 Euro fürs Prügeln
- Chemnitz: Fünf Jahre nach den rassistischen Exzessen von 2018 – neue Analyse belegt Hetzjagd
„… Die mit einem Peace-Zeichen verzierte Tafel in Erinnerung an Daniel H. ist leicht zu übersehen. Viel mehr fallen an diesem Ort große DDR-Reliefs in den Blick mit Lobgedichten auf den Kommunismus. Hier im Zentrum von Chemnitz starb der 35-Jährige Ende August 2018, erstochen von einem Syrer und einem Iraker. Auf die Gewalttat folgte eine Welle von Demonstrationen, bei denen sich zuvor unauffällige Bürger Seite an Seite mit Neonazis und Fußball-Hooligans zeigten. Rechtsextreme schlossen sich zur Terrorgruppe „Revolution Chemnitz“ zusammen, es gab Hetzjagden auf Migranten und auf offener Straße brüsteten sich manche ungeniert mit dem Hitlergruß. „Was wir hier 2018 gesehen haben, war ein Schulterschluss der rechten Szene“, konstatiert Ulf Bohmann, Soziologe an der TU Chemnitz. Das habe von militanten Neonazis über Fußball-Hooligans bis hin zu Parteien wie Pro Chemnitz und der AfD gereicht. Zugleich sei es ihnen gelungen, durch starke Politisierung Teile der Bürgerschaft, die nicht als rechtsextrem zu verorten seien, zu mobilisieren. Bohmann hat mit Kollegen in einer Studie der Stadt und ihren Einwohnern nach den Ereignissen 2018 den Puls gefühlt. Sein Fazit: Zu ähnlichen Geschehnissen hätte es auch andernorts kommen können. Doch in Chemnitz habe es Bedingungen gegeben, die das Ganze begünstigt haben. Etwa ein dichtes Netz rechter Strukturen. Und weil Polizei und Stadtgesellschaft zu wenig entgegenzusetzen hatten, hätten sich Rechtsextreme als Stimme der schweigenden Mehrheit in Szene setzen können. (…) Zwar gab es engagierten Gegenprotest wie ein Konzert unter dem Motto „#wirsindmehr“, bei dem Bands wie Kraftklub, die Toten Hosen und der Rapper Marteria 65.000 Menschen auf die Straßen brachten. Der Ruf als braune Hochburg klebt Chemnitz dennoch seither wie Kaugummi am Schuh. Selbst ausländische Fachkräfte, die schon länger hier leben, berichten von Angst als häufigen Begleiter auf der Straße. „Gerade nicht weiße Menschen sind seither verunsichert“, weiß André Löscher, der für den Verein RAA Sachsen seit vielen Jahren in der Stadt Betroffene rechter Gewalt berät. „Es ist nach wie vor in den Köpfen.“ Sein Verein führt eine eigene Statistik zu rechtsmotivierter Gewalt. Dabei zeige sich, dass Chemnitz im sächsischen Vergleich nicht an der Spitze stehe und sich bei Gewalttaten im Mittelfeld bewege, betont er. Voriges Jahr etwa wurden in Chemnitz 14 Angriffe registriert, in Leipzig dagegen 50, in Dresden sogar 64. Doch Löscher beobachtet einen Gewöhnungseffekt und vieles käme gar nicht zur Anzeige. So seien Menschen, die sich politisch gegen Rechts engagieren oder erkennbar ausländische Wurzeln haben, Beschimpfungen ausgesetzt, würden bedrängt oder gar angegriffen. (…) Doch für die nach Berlin, Leipzig und Dresden viertgrößte Stadt in Ostdeutschland hat sich nach dem tiefen Fall eine neue Tür aufgetan. Im Herbst 2020 gewann sie das Rennen um den Titel der Europäischen Kulturhauptstadt 2025 und ließ Hannover, Hildesheim, Magdeburg und Nürnberg hinter sich. Im Bewerbungsbuch hatten die Chemnitzer klar den Finger in die Wunde von 2018 gelegt und dem Ganzen zwei Berichte der „New York Times“ und des „Guardian“ zu den damaligen Ausschreitungen und dem Gegenprotest vorangestellt. Die Idee: Die Kulturhauptstadt soll nicht nur der Stadtentwicklung dienen, sondern Projekt der Gesellschaftsentwicklung sein. Ziel ist, die „stille Mitte“ der Bevölkerung zu aktivieren – jene Menschen, die sich nicht an politischen Debatten beteiligen oder politisch engagieren und so indirekt einer gesellschaftlichen Radikalisierung Vorschub leisten. Ob das gelingt, soll sich schon in zwei Jahren zeigen, wenn – so die Hoffnung – viele internationale Gäste trotz des ramponierten Images hierher kommen.“ Beitrag von Andreas Hummel vom 24. August 2023 im MiGAZIN , siehe auch:- Fünf Jahre nach Chemnitz: „Hase, du bleibst hier“: Neue Analyse belegt Hetzjagd
„Vor fünf Jahren erschien ein Video, das die Republik spaltete: War es der Beleg für eine Hetzjagd auf Migranten in Chemnitz? Hans-Georg Maaßen als Verfassungsschutzchef bestritt das. Eine t-online-Videoanalyse bringt Klarheit…“ Beitrag von L. Wienand, H. Molnár und A. Wölk vom 26.08.2023 bei t-online mit Video - Fünf Jahre später: Was aus hunderten Ermittlungsverfahren zu Chemnitz 2018 geworden ist
„Ein tödlicher Messerangriff versetzte Chemnitz vor fünf Jahren in Aufruhr. Demonstrationen, Ausschreitungen, rassistische Angriffe sorgten international für Aufsehen. Rund 240 Ermittlungsverfahren gab es – viele wurden eingestellt, einige wenige sind bis heute offen…“ Meldung vom 27.08.2023 im Migazin - Aufruf eines breiten städtischen Bündnisses: Demo „5 Jahre rassistische Ausschreitungen 2018 – Kein Vergeben, kein Vergessen! für den 2.9.2023 im Thread von HandinHandChemnitz vom 31.7.2023 – siehe auch #Chemnitz #c0209
- Fünf Jahre nach Chemnitz: „Hase, du bleibst hier“: Neue Analyse belegt Hetzjagd
- Justizbeamte greifen ausländische Gefangenen an: Die Zahl der suspendierten „Chemnitz-Mob-Sympathisanten“ wächst beständig
- Wofür steht „Chemnitz“? Zum Beispiel für: Beschönigung
„… Es eine müßige Debatte, eine ärgerliche. Ein Jahr nach den rechten Ausschreitungen von Chemnitz wird wieder diskutiert, ob es damals „Hetzjagden“ gab. Ein LKA-Bericht ist aufgetaucht, der Chats auswertete, in denen Rechtsextreme hofften, in Chemnitz „Kanacken boxen“ zu können, Migranten zu „erwischen“, an einer „Jagd“ teilzunehmen. Gab es also doch Hetzjagden – obwohl Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer und Ex-Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen dies bis heute bestreiten? Es ist doch längst klar: Es gab Jagden auf Migranten, Schläge, Tritte, Hass. Man muss die Betroffenen nur fragen. Einem Afghanen wurde auf den Kopf eingeschlagen, seine Wange eingeschnitten, einem Iraner eine Glasflasche an den Kopf geschleudert, ein anderer in seinem Restaurant so zusammengeschlagen, dass er acht Tage im Krankenhaus lag. Die Liste ließe sich fortsetzen: 138 rechte Straftaten zählte die Polizei rund um die Demos. Ob diese nun Ergebnis von Hetzjagden waren oder von Jagdszenen oder von Hassausbrüchen – das ist doch nicht die entscheidende Frage. Es war brutale Gewalt, die durch nichts zu rechtfertigen ist. Und diese Gewalt war genau so gewollt, wie nicht erst die aufgetauchten Chats zeigen. Voller Hass gingen die Rechten auf die Straße, suchten die Eskalation. Einer der Anheizer, der „Pro Chemnitz“-Chef, nannte die Angriffe auf Migranten schamlos „Selbstverteidigung“ – und diese seien „nur ein kleiner Vorgeschmack“. Wenn für den Ex-Geheimdienstchef in dieser Lage das Wichtigste ist, zu behaupten, dass es keine Hetzjagden gab, dann ist das nicht bloße Wortklauberei, sondern ein dreistes Ablenkungsmanöver, eine Verharmlosung…“ – aus dem Kommentar „Schluss mit den Scheindiskursen“ von Konrad Litschko am 27. August 2019 in der taz online , der sich zu Recht gegen falsche Debatten wehrt. Zur Entwicklung der Debatte um Chemnitz und der Entwicklung heutzutage vor Ort weitere Beiträge:- „Kretschmer und Co. geben sich wortkarg“ von Lisa Neugebauer am 27. August 2019 in der FR online zum Verhalten von Landesregierung und Co: „… Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) etwa wollte sich zum Inhalt der Chats und seiner heutigen Sicht auf die Debatte gar nicht äußern. In einer allgemein gehaltenen Antwort an den Rechercheverbund heißt es, Hass auf politisch Andersdenkende hätten keinen Platz in unserer Gesellschaft. Auch Ex-Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen, dessen Zerwürfnis mit der Bundesregierung im Streit über das Wort „Hetzjagden“ seinen Ursprung hatte, sei von den Reportern über den Inhalt der Recherchen informiert worden, schrieb der NDR in einer Pressemitteilung. Maaßen sei demnach zu keiner eindeutigen Beurteilung gekommen, habe aber Konsequenzen für die Verfasser der Chats gefordert...“
- „»Ich liebe einfach diese Stadt«“ von Jan Ole Arps am 20. August 2019 in analyse&kritik (Ausgabe Nummer 651) ist ein Gespräch mit Marleen Reichel (18) und Erik Neubert (23) vom Bündnis Chemnitz Nazifrei über die Stadt, worin es unter anderem heißt: „… Es fängt schon bei der Sprache an. Wenn der Dynamo-Dresden-Fanblock mit 10.000 Leuten schreit: »(Name des gegnerischen Vereins einfügen) – Jude, Jude, Jude!«, und wenn jemand als Kind im Block steht, und niemand sagt etwas dagegen, dann ist für diese Person als Kind schon klar, dass »Jude« ein Schimpfwort ist. Ein weitere Punkt: Es fehlt einfach die Überfremdung. Wenn du mit 20 das erste Mal Kontakt hast mit einer nicht weißen Person und du davor nur Sachen gesagt bekommst wie »Die vergewaltigen alle«, dann glaubst du das halt. Dritter Punkt: Sachsen ist fast 30 Jahre unter CDU-Regierung. Es gibt viele kleine Ortschaften, wo die Schule schließt, der letzte Supermarkt hat dichtgemacht, und einmal am Tag fährt der Bus. Die Leute haben eine berechtigte Wut, und weil niemand hingeht und sagt: »Alter, das Wirtschaftssystem sind die, die dich verarschen«, aber jemand geht hin und sagt: »Alter, die Ausländer wollen dir auch noch den Rest wegnehmen«, entsteht eine projizierte Wut, die sich immer mehr entfalten kann, weil sie kein Gegenwort bekommt. Und die, die Gegenworte geben, ziehen weg. Ich zum Beispiel: ins weltoffene Chemnitz…“
- „Chemnitz kommt nicht zur Ruhe“ von Konrad Litschko am 25. August 2019 in der taz online über die aktuelle Lage in Chemnitz unter anderem einleitend: „… Für Sonntag rechnen Polizei und Stadtspitze bisher nicht mit solchen Szenen. Die Mobilisierung verlaufe überschaubar, heißt es. Aber erst am Donnerstag war alles wieder präsent: Da verurteilte das Landgericht Chemnitz den 24-jährigen Alaa S. für den tödlichen Messerangriff auf Daniel H. zu neuneinhalb Jahren Haft. Der Syrer allerdings beteuert seine Unschuld, seine Anwälte kritisierten, dass die Beweislage dürftig sei, und legten sofort Revision ein. Das Gericht hatte an der Schuld von S. dagegen „keinen Zweifel“. Der mutmaßliche Mittäter ist indes bis heute auf der Flucht. Auch sonst kommt die Stadt nicht zur Ruhe. Bis heute sitzen noch acht Rechtsextreme in Haft, die – aufgehetzt durch die damaligen Demos – als „Revolution Chemnitz“ Terroranschläge geplant haben sollen. Im September beginnt ihr Prozess. Zudem gab es zuletzt seitens Fans des Chemnitzer FC rechte Ausfälle: Im März hielten sie im Stadion eine Trauerzeremonie für den verstorbenen Neonazi Thomas Haller ab, kürzlich solidarisierten sie sich mit dem wegen seiner rechtsextremen Kontakte gefeuerten Mannschaftskapitän Daniel Frahn…“
- Siehe zum Hintergrund: Ausschreitungen in Chemnitz: Rechtsextreme wollten Migranten jagen
„Gab es in Chemnitz rechtsextreme Hetzjagden auf Migranten? Darüber stritt vor einem Jahr nach dem Tod von Daniel H. und tagelangen Demonstrationen ganz Deutschland. Die Bundesregierung ging von solchen Jagden aus, der damalige Chef des Verfassungsschutzes, Hans-Georg Maaßen, widersprach. Recherchen von NDR, WDR und „Süddeutscher Zeitung“ zeigen nun, dass es doch starke Hinweise für gezielte Jagd auf Migranten gab – bereits am ersten Tag der Proteste. (…) Ein vertraulicher Bericht des Landeskriminalamtes Sachsen spricht nach Recherchen von NDR, WDR und „Süddeutscher Zeitung“ nun davon, dass die Ausschreitungen von einer hohen Gewaltbereitschaft gegenüber den eingesetzten Polizeibeamten, Personen mit tatsächlichem oder scheinbaren Migrationshintergrund, politischen Gegnern, und Journalisten geprägt gewesen seien. In Chats, die offenbar von Handys bekannter Rechtsextremer aus dem Großraum Chemnitz stammen, finden sich zahlreiche Formulierungen und Dialoge, die sich als Verabredungen zu Gewalt gegen Migranten und Prahlereien über eine angeblich erfolgreiche „Jagd“ auf Ausländer deuten lassen. Die Chats würden „die tatsächliche Umsetzung von Gewaltstraftaten gegen Ausländer“ verdeutlichen, soll in dem LKA-Bericht zu lesen sein. Die Mehrheit der Chats stammt vom 26. und 28. August. Demnach hätten rechtsextreme Demonstrationsteilnehmer bereits vor Veröffentlichung des Videos und der Debatten selbst den Begriff „Jagd“ verwendet. Es gebe schon „übelst aufs Maul hier“, soll einer der Demonstrationsteilnehmer am Nachmittag des 26.8.2018 geschrieben haben, und dass er „Bock“ habe „Kanacken zu boxen“…“ Beitrag von Lena Kampf und Katja Riedel, WDR, und Sebastian Pittelkow, NDR vom 26.08.2019 bei tagesschau.de
- Dossier: Daniel Hillig: Das Opfer von Chemnitz, deutsch-kubanischer Antifaschist. Den Rechten ist das ohnehin egal, Hauptsache Mob. Den Linken kann das nicht egal sein
- Es gab in Chemnitz natürlich niemals nicht eine Hetzjagd. Es gibt in Chemnitz auch keine Serie von Überfällen auf Restaurants…
„Sechs Tage ist es da her, dass die drei Männer in Tulasoglus Restaurant einbrachen. Nachts gegen zwei Uhr kamen sie. Einen riesigen Knall habe es gegeben, berichtete eine Nachbarin der Polizei. Sie habe das Trio noch weglaufen sehen, und dann den Qualm. Als sie Tulasoglu mit dem Handy aus dem Schlaf klingelte, glaubte er das Gehörte erst nicht. Dann stieg er ins Auto, fuhr in die Innenstadt. Und sah, dass sein Mangal tatsächlich niederbrannte. Es ist bereits der vierte Angriff auf ein Restaurant in Chemnitz seit Ende August, als in der sächsischen Stadt der 35-jährige Daniel H. erstochen wurde, mutmaßlich von einem Iraker und einem Syrer. Seitdem protestiert die rechte Gruppierung „Pro Chemnitz“ allwöchentlich gegen Flüchtlinge und Hunderte kommen, Bürger wie Rechtsextreme. Schon am 27. August griff ein Dutzend dunkel Gekleideter das jüdische Restaurant Schalom an. Gut drei Wochen später wurde beim persischen Lokal Schmetterling die Frontscheibe eingeschlagen. Dann stürmten drei Vermummte in das ebenfalls persische Safran. Und nun das Mangal…“ aus dem Bericht „Schon wieder Chemnitz“ von Konrad Litschko am 29. Oktober 2018 in der taz über den jüngsten der vier Überfälle. Siehe auch einen weiteren Beitrag zur Überfall-Serie auf Restaurants in Chemnitz:- „Nach Überfall auf Lokal in Chemnitz: Gastronom aus Klinik entlassen“ am 18. Oktober 2018 beim MDR Sachsen meldete: „Der Betreiber des Restaurants „Safran“ in Chemnitz, der nach einem Überfall am 7. Oktober schwer verletzt im Krankenhaus behandelt werden musste, empfängt seit Donnerstag wieder selbst seine Gäste. Obwohl er noch von Verletzungen gezeichnet ist, will Masoud Hashemi jetzt erst recht weitermachen. Der Gastronom des persischen Restaurants sagte MDR SACHSEN: „Als ich im Krankenhaus war, habe ich zu meiner Frau und meinen Freunden gesagt, dass das Restaurant nicht geschlossen werden darf. Die Nazis sollen nicht denken, dass ich Angst habe. Aber Nazis sind für alle Menschen gefährlich, nicht allein für Menschen wie mich.“ (…) In einem Gespräch mit dem MDR schilderte Hashemi den Überfall, bei dem er von mehreren Angreifern verletzt wurde: Unter anderem hätten sie mit einem Samowar nach ihm geworfen. Auch jetzt habe er noch Schmerzen von den Schlägen. Nach dem Angriff hat er eine klare Botschaft: „Alle müssen zusammen leben, zusammen sitzen, denken, sprechen und diskutieren. Aber niemand soll kaputtmachen, schlagen oder andere umbringen. Das ist nicht menschlich. Das ist kulturelle Armut.“…“
- Schlussfolgerungen aus „Chemnitz“ – Beginn einer (nötigen) Debatte um den Widerstand
„Kurze Zeit später leugneten Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) und VS-Präsident Hans-Georg Maaßen die Existenz eines faschistischen Mobs in Chemnitz, Seehofer kam Maaßen zu Hilfe. Die Zeichen sind nur so zu deuten, dass die CDU/CSU sich bereits auf eine Koalition mit der AfD vorbereitet, auf Landes- wie auf Bundesebene. Wenn alles weitergeht wie bisher ist die Frage deshalb höchstens, ob bei den Bundestagswahlen in drei und sieben Jahren die CDU-CSU oder die AfD die neue Regierungskoalition anführen wird. Faschisten im Staat, in der Polizei und Militär, das ist nichts Neues, die sind nach 1945 nie wirklich verschwunden. Offene Faschisten in der Regierung aber werden die Gewalt auf den Straßen beflügeln, und ihr die noch fehlende, offene institutionelle Legitimierung für den Rassenkampf geben. Wir wissen um die seit Jahren steigende Bewaffnung in rechten Kreisen. Die Doppeldeutigkeit des Spruches „Wir sind bunt bis das Blut spritzt“ von Nazi-Bannern in Chemnitz lässt dunkle Zeiten erwarten. Das kapitalistische System hat keine Zukunft, und greift nach dem letzten Joker, dem Faschismus, um sein Ende heraus zu zögern…“ – aus dem Betrag „„Deutschland den Deutschen“ – Was tun nach Chemnitz“ von Can Yildiz am 03. Oktober 2018 im Lower Class Magazin war der erste einer lockeren Reihe grundsätzlicherer Debattenbeiträge zum Thema – der auch Kommentare und Antworten erzeugte – welche Konsequenzen aus dem Erscheinen des Mobs auf der Straße und seiner Beförderung zu ziehen wären. Steht zu hoffen, dass eine Debatte sich nicht darauf beschränkt, sich gegenseitig Fehler nachweisen zu wollen… Siehe dazu zwei weitere Beiträge, sowie einen Beitrag zur Förderung des Mobs:- „Chemnitz als Spiegel der Klassenkämpfe in Deutschland“ von Hovhannes Gevorkian am 12. Oktober 2018 ebenfalls im Lower Class Magazin ist eine „solidarische Kritik“ an der ersten Position, worin unter anderem ausgeführt wird: „Die Antworten auf diese Probleme gibt es aber ebenfalls und sie werden gerade von den Linken viel zu selten thematisiert: Es sind die Kämpfe bei Ryanair, Real, VSG oder das eingangs erwähnte Beispiel bei Neue Halberg Guss, welches die Extremform darstellt, da es um die Lebensexistenz von 700 Kolleg*innen geht. Es sind die Kämpfe der Migrant*innen (Punkt 5) und Frauen (gänzlich ausgeklammert bei Yildiz), welche heute im Zentrum wichtiger Klassenkämpfe stehen. Erst letzte Woche gingen erstere gegen einen korrupten Diktator, Recep Tayyip Erdogan, auf die Straßen. Respektive gingen vor allem Frauen in Berlin am 22. Oktober gegen reaktionäre Fundamentalist*innen und für ihre Abtreibungsrechte auf die Straße. Jene erwähnten Sektoren sind die „organisierten, politisierten und kämpfenden Massen“. Es ist aber von eminenter Bedeutung, dass die revolutionären Linken nicht nur in diese Kämpfe intervenieren, sondern dies auch mit einem Programm tun: Gewiss, es ist nett, einen Arbeitskampf zu besuchen, aber von viel größerer Bedeutung sind die (sozialen wie demokratischen) Forderungen, die verbunden mit einer Kampfstrategie den Sieg erringen können. ..“
- „Testfall Chemnitz“ von Peter Schaber am 12. Oktober 2018 in der jungen welt zum Thema Anfeuerung des Mobs durch die Reaktionen der staatstragenden Kräfte und was dagegen in Stellung gebracht werden kann: „Mehrere Lokale, zwei persische und ein jüdisches, sind in Chemnitz seit den Aufmärschen Ziel von Neonaziangriffen worden. Zuletzt wurde am vergangenen Sonntag die Gaststätte »Safran« von mit Helmen vermummten Gewalttätern brutal attackiert. Der Inhaber, Masoud Hashemi, liegt seither im Krankenhaus. Er überlege, sein Restaurant aufzugeben. »Wenn ich mich nicht sicher fühle, muss ich aufhören«, sagte er gegenüber der Freien Presse (Mittwochausgabe). Zehn, 15 Minuten habe es bis zum Eintreffen der Polizei gedauert, dabei sei das Präsidium in unmittelbarer Nähe. Zufall sei es nicht, dass die sächsische Polizei immer wieder durch Untätigkeit gegenüber rechten Straftaten auffalle, kommentierte die Linke-Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke am Donnerstag gegenüber jW. »Es wurde von Anfang an weggeschaut und bagatellisiert. Sachsens Polizei hat jeglichen Willen vermissen lassen einzuschreiten«. Die Aufnahme eines Terrorismusverfahrens gegen die Gruppierung »Revolution Chemnitz« sieht Jelpke nicht als Zäsur im Verhalten der Behörden: »Man will vor den Wahlen in Bayern und Hessen simulieren, dass man auch gegen rechts vorgehe.« Ernst zu nehmen sei das nicht. Die nötige Trendwende könne dagegen anders wo eingeleitet werden: Am Samstag wollen Zehntausende in Berlin unter dem Motto »Unteilbar – Solidarität statt Ausgrenzung« gegen den Rechtsruck demonstrieren…“
- „»Danke an die Polizei«“ von Sören Kohlhuber am 11. Oktober 2018 in der jungle world zum Geleitschutz für Nazis am Nazionalfeiertag in Berlin unter anderem: „Derzeit gibt es wegen der Versammlungen in Köthen und Chemnitz wieder einen Auftrieb für neonazistische Demonstrationen auch in anderen Städten. So versammelten sich am 3. Oktober etwa 1 500 Neonazis im Zentrum Berlins. Begleitet wurden sie von maximal 300 Polizisten. (…) Die Neonazis traten selbstbewusst auf. Der Grund war unter anderem eine Polizei, die sie gewähren ließ. Oder, wie es Aktivisten aus dem »Schokoladen« beschrieben: eine Polizei, die den Neonazis den »roten Teppich« ausrollte. Viele Anwohner ließen aus ihren Fenstern Musik dröhnen oder schlugen auf Töpfe. Vereinzelt wurde Wasser auf die Neonazis geschüttet oder Gemüse geworfen, größere Störungen gab es jedoch nicht. Die »Danke an die Polizei«-Rufe der Neonazis waren berechtigt, nicht nur für diesen Anlass…“
- Der Mob tobt weiter – im Geleitzug der Rechten
„… Das sind Beispiele einer Liste, die der Dachverband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt (VBRG) seit der Kundgebung in Chemnitz am 26. August zusammengetragen hat. „Seit Chemnitz haben wir deutlich mehr Fälle rassistischer Übergriffe aufgenommen“, sagt Robert Kusche, Vorstandsmitglied des VBRG. Attacken, bei denen allein die Hautfarbe oder andere äußerliche Merkmale Geflüchtete, Deutsche und Migranten zur Zielscheibe von Hasskriminalität machen, häufen sich demnach bundesweit. Auch die Amadeu-Antonio-Stiftung, die rechte Gewalt ebenfalls dokumentiert, registriert seit den Protesten in Chemnitz einen Anstieg an Übergriffen in Deutschland. Robert Lüdecke, Sprecher der Stiftung, sagt: „Wir beobachten außerdem, dass die Angriffe seit Chemnitz brutaler werden und mehr verrohte Gewalt verübt wird.“ Aus seiner Sicht liegt das an dem zurückgewonnenen Selbstbewusstsein rassistischer Täter seit den Protesten in Chemnitz…“ – aus dem Artikel „Das ist wie eine Welle!“ von Helena Ott am 20. September 2018 in der Süddeutschen Zeitung online über die Ausweitung faschistischer Gewalttaten nach Chemnitz. Zu den, laut Seehofers Lieblingsagent niemals stattfindenden, Gewalttaten ein weiterer aktueller und ein Hintergrundbeitrag:- „Durchsuchungen nach Angriff auf Iraner“ am 21. September 2018 beim Deutschlandfunk meldet: „Nach einem fremdenfeindlichen Übergriff in Chemnitz am Freitag hat die Polizei die Wohnungen von mehreren Mitgliedern einer selbsternannten „Bürgerwehr“ durchsucht. Hintergrund seien laufende Ermittlungen wegen Verdachts auf Landfriedensbruch und der gefährlichen Körperverletzung gegen mehrere Personen, teilte das Landeskriminalamt Sachsen mit. Mitglieder der selbsternannten „Bürgerwehr“ sollen eine Gruppe von Menschen angegangen und beleidigt haben; dabei erlitt ein Iraner Verletzungen…“
- „Der Fisch stinkt von der Schwanzflosse“ von Michael Lühmann am 19. September 2018 in neues deutschland zur Beamtenschaft in Sachsen: „Es ist das immer gleiche Muster »sächsischer Demokratie«: Der Blick nach rechts ist im Kampf gegen den überall lauernden »Linksextremismus« derart eingetrübt, dass nun zwar die linke Szene in Leipzig akribisch kartographiert, rechte Fankulturen sich aber recht unbehelligt immer wieder neu formieren können. Die Früchte der »Extremismustheorie«, die vorgibt links und rechts nicht gleichsetzen zu wollen, es aber de facto nicht nur tut, sondern, wie in Sachsen, die linke Gefahr überhöht und die rechte Gefahr bagatellisiert, sie gedeihen in Sachsen besonders üppig. Zu besichtigen etwa bei einem der Väter dieser »Theorie«, Eckhard Jesse, der jüngst in der »Zeit« warnte, politisch motivierte Gewalt sei auf der Linken ausgeprägter als auf der Rechten. Nun könnte man sagen, wer Sitzblockaden gegen Brandanschläge aufrechnet, ist nicht mehr Herr (s)eines Theoriegebäudes und kann getrost ignoriert werden. Nur, dieses besonders beim Themenfeld links abrissreife Theoriegebäude vergiftet den sächsischen Diskurs seit Jahren. Die jahrzehntelange Diskreditierung zivilgesellschaftlichen Protestes, das martialische Auftreten gegenüber Antifaschisten, die Verfolgung linker Fußballfans, die Affäre um den LKA-Mann, der einen ZDF-Reporter anpöbelte, das Durchstechen des Haftbefehls von Chemnitz, das Einreichen einer Petition, die mit einem Goebbels-Bild verziert ist, durch Professor Werner Patzelt von der Technischen Universität Dresden – all das gehört in diesen Theoriezusammenhang, der die sächsische Politik, sächsisches Behördenhandeln präformiert. Die Unfähigkeit oder wohl doch der Unwille, hieran etwas zu ändern, woher könnten sie rühren? Der »Sachsen-Monitor« von 2017 gibt Aufschluss: Der Antwortmöglichkeit »Was Deutschland jetzt braucht, ist eine einzige starke Partei, die die Volksgemeinschaft insgesamt verkörpert.« stimmen erschreckende 41 Prozent der sächsischen Beamtenschaft »eher« zu…“
- [16. September 2018] Antifa mobilisiert zur Gegendemonstration nach Köthen: Und was nach Chemnitz alltäglich passiert, wenn keiner mobilisieren kann
- Maaß(los)en leugnet Menschenjagden in Chemnitz: Da freut sich der Innenminister. Der Verfassungsschutz braucht keinen neuen Chef – sondern seine Auflösung
- Die sächsische Polizei und der Chemnitzer Mob: Die Kritik am „Versagen“ erinnert an Kritiken am Verfassungsschutz wegen NSU-Terror. Nannte man früher: Ablenkungsmanöver„… Wenn man 600 Polizeibeamte zusammenzieht, obwohl die Lagemeldung von den Verfassungsschutzämtern – die ja ans Innenministerium in Sachsen weitergegeben worden ist (…) – und man dann keine zusätzlichen Kräfte anfordert, wenn man weiß, dass ungefähr 5000 in der Stadt sein werden, die Probleme machen, dann kann man das nicht mit fehlerhafter Führungskultur oder schlechter Ausbildung erklären. (…) Das ist der Sachsen-Sumpf. Das ist die weit überproportional im Vergleich zum Bevölkerungsdurchschnitt gedanklich-mentale Nähe von Polizeibeamten mit denen, die dort auf der Straße Randale machen. Und es gibt eben bis in das Ministerium – und auch in anderen Ministerien in Dresden – diese Grundhaltung. Bitte vergessen Sie nicht, was wir durch den NSU-Terror wissen: Dort war auch Sachsen die Hochburg (…) und das Rückzugsgebiet in Zwickau und Chemnitz. Diese Netzwerke wurden nicht aufgearbeitet (…).“…“ – aus dem Interview „“Es ist eindeutig, dass hier mit Kalkül auf zusätzliche Kräfte verzichtet worden ist. Man wollte einfach Freiräume geben.“ am 30. August 2018 in den Magdeburger News mit Thomas Wüppesahl von der Bundesarbeitsgemeinschaft kritischer Polizistinnen und Polizisten (BAG), ein Textauszug aus einem n-tv Interview. Siehe dazu auch ein weiteres Gespräch mit dem BAG-Vertreter:
- „“Wir brauchen nicht mehr Beamte, sondern mehr Grips““ am 27. August 2018 bei hr-inforadio ist ein Gespräch mit Thomas Wüppesahl, das mit folgendem Text vorgestellt wird: „Immer wieder muss die Polizei bei Aufmärschen von Rechten einschreiten. Ist sie ausreichend auf solche Einsätze vorbereitet, um die Situationen entschärfen zu können? Darüber haben wir mit Thomas Wüppesahl gesprochen. Er ist Sprecher des „Hamburger Signals“ (Bundesverband kritischer Polizisten).“
- Chemnitz, Köthen und Co: Bürgerwehren, besorgte Bürger und eine zufriedene Polizei (im Gegensatz zum sächsischen Ministerpräsidenten)
- CDU Sachsen: Alles ganz normal in Chemnitz. Sagt auch Seehofer, denn der Verfassungsschutz hat das so beobachtet…
- Nicht nur Antifaschisten, alle reagieren auf „Chemnitz“ – und der rechte Mob mobilisiert weiter: Will die FDP da auch mitmachen?
- Bundesdeutsche Medien nach den Chemnitzer Menschenjagden: Weitermachen, immer weiter machen im Dienst des Kapitals und der Nation
- Bundesdeutsche Leitmedien: Bis zum (für manche Journalisten: bitteren) Ende wird „Staatsräson“ praktiziert – auch aus Chemnitz
- Chemnitz in Nazihand: Mit Polizeibegleitung. Und Argumentationshilfe (nicht nur) von „Bild“
„Die sächsische Polizei wird die Frage beantworten müssen, warum mehrere Tausend gewaltbereite Neonazis marschieren durften, obwohl es bereits zu Beginn der rechten Demonstration zu wiederholten Übergriffen auf Gegendemonstranten als auch Reporter*innen kam. Auch unser Kollege berichtete, dass viel zu wenig Einsatzkräfte bereitgestanden hätten, um eine Eskalation zu verhindern. Als Fazit schreibt er: »Nazis werden Tag als Sieg verbuchen. Polizei hatte trotz Warnungen viel zu wenig Beamte. Journalisten, Antifas und migrantische Menschen waren massiv in Gefahr, einige wurden verletzt. Die Gewalt ging entgegen Polizeiaussagen eindeutig von den Nazis aus.«…“ – so schließt (faktisch) der Beitrag „»Nazis werden Tag als Sieg verbuchen«“ von Sebastian Bähr und Robert D. Mayer am 28. August 2018 in neues deutschland – ein chronologischer Bericht vom Tag, als Tausende Nazis die Straßen von Chemnitz terrorisierten, sozusagen in Polizeibegleitung, die – angesichts der bekannten Haltungen gerade dieser Truppe wenig überraschend – keinen größeren Anlass zum Einsatz sah. Der Chor der „Verständnisvollen“ schwillt unterdessen weiter an… aber auch die kurzfristige antifaschistische Mobilisierung war massiv sichtbar. Siehe zum Straßenterror in Chemnitz drei weitere aktuelle Beiträge, ein Hintergrundgespräch, sowie einen Beitrag über die ideologische Unterstützung rechter Aufmärsche und einen Beitrag über Schlussfolgerungen, sowie den Hinweis auf unseren ersten Beitrag zum Thema, in dem bereits die Haltung der AfD berichtet wurde:- „Etliche Hool Gruppen sind noch in #Chemnitz: darunter Faust des Ostens aus Dresden, Inferno aus Cottbus , sowie die NS Boys“ am Abend des 27. August 2018 beim Twitter-Kanal Antifa Zeckenbiss ist ein retweet von Jürgen Kasek, der hier als Beispiel für sehr zahlreiche Informationen steht, über die Verfolgungsjagden der Rechten – immer dort, wo sie viele, andere Wenige waren, versteht sich – am Montagabend in Chemnitz, die völlig ohne Polizeimaßnahmen stattfanden und neben Migranten und Antifas auch Journalisten galten.
- „Zwischenfazit 3“ am 27. August 2018 auf dem Twitter-Kanal von Sebastian Lotzer lautet folgendermaßen: „ Das war der grösste Erfolg von Nazis und völkischen Mob seit Rostock #Lichtenhagen. Eine solche Menge haben sie seit den 90igern nicht auf die Strasse gebracht. Sie konnten heute machen, was sie wollten, inclusive Hetzjagd auf Linke am späten Abend…“
- „Übergriff auf abreisende Antifas bei Straße der Nationen/Johannisplatz. Laut Zeugen Hunderte Nazis beteiligt“ am 27. August 2018 beim Twitter-Kanal Chemnitz Nazifrei ist ebenfalls ein knapper Tweet über das Wirken von Nazi-„Sicherheitsexperten“ und ihrer Begleiter: „Mehrere Verletzte, einem Gegendemonstranten wurde laut Sanitätern Nase gebrochen. Antifaschisten erheben schwere Vorwürfe: „Polizei ist zur Seite gegangen.„
- „Positives zum Abend in Chemnitz“ am 27. August 2018 auf dem Twitter-Kanal von Sören Kohlhuber zur antifaschistischen Mobilisierung: „Binnen etwa 24 Stunden konnten bundesweit rund 1000 Antifas mobilisiert werden. Dies ist ein aus meiner Sicht erfreuliches Ergebnis…“
- „»In Chemnitz existiert gefestigte Neonaziszene«“ am 28. August 2018 in der jungen welt ist ein Gespräch von Jan Greve mit Martina Renner, in dem die Linken-Abgeordnete unter anderem ausführt: „Die Bilder von Sonntag zeigen unterschiedliche Gruppen. Vom rechtsoffenen Milieu über die Ultra- und Hooliganszene bis zu Neonazis war dort alles vertreten. Eine Stunde vor den Jagdszenen hatte die AfD eine Kundgebung mit wohl 100 Menschen veranstaltet und die Stimmung gezielt verschärft. (…)In Chemnitz existiert seit Jahrzehnten eine gefestigte Neonaziszene. Die Stadt war Hotspot der »NSU«-Unterstützer und ist bis heute Hochburg von »Blood and Honour«, extrem rechten Hooligans und Kampfsportlern sowie der Kameradschaftsszene. 2017 wurden hier fast 200 rechtsmotivierte Straftaten begangen. Vor zwei Jahren gab es einen Sprengstoffanschlag auf ein linkes Kulturzentrum, und Neonazis wollten wie in Dortmund einen ganzen Stadtteil zur national befreiten Zone erklären und terrorisierten Linke und Migranten. Vor diesem Hintergrund ist es wenig verwunderlich, dass sich so viele Rechte versammelten…“
- „Eins ist sicher: „Bild“ macht Angst“ von Moritz Tschermak am 27. August 2018 im Bild.blog über die jüngste Kampagne der Bild-Zeitung „So unsicher ist Deutschland“ – die nicht als Mobilisierungskampagne der Rechten für Chemnitz ausgewiesen ist, aber nur so Sinn macht – zielend auf angeblich oder tatsächlich jenes Drittel aller „Deutschen“ (wer immer damit gemeint sein mag) die sich heute nicht mehr sicher fühlten. In dem Blogbeitrag wird zu Fakten – die den Rechten aller Schattierungen keineswegs wichtig sind, hervor gehoben: „Nun könnte man diesem Drittel der Deutschen erklären, dass es sich bei ihrem Unsicherheitsgefühl um ein subjektives Empfinden handelt, und dass das subjektive Empfinden der zwei anderen Drittel der Deutschen eher mit den Zahlen der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) des Bundeskriminalamts zusammenpasst. Vor allem, was das „nicht mehr sicher“ angeht. Denn das beinhaltet ja auch, dass sich diese Leute mal sicher gefühlt haben, nun aber „nicht mehr“. Schaut man sich die PKS für das Jahr 2017, auf der die „Bild“-Serie hauptsächlich beruht, selbst an, erkennt man den genau gegenteiligen Trend: Es gab im vergangenen Jahr weniger erfasste Straftaten als ein Jahr zuvor. Deutlich weniger: 2017 waren es 5.761.984, 2016 noch 6.372.526. Ein Rückgang von 9,6 Prozent. Zur Wahrheit gehört auch, dass 2015 und 2016 recht hohe Werte vorlagen. Aber: Mit den knapp 5,76 Millionen Straftaten waren es 2017 so wenige wie seit 1993 (6.750.613) nicht mehr. Die Gewaltkriminalität mit Morden, Raubdelikten und Körperverletzungen ist gesunken (minus 2,4 Prozent), die Straßenkriminalität ist gesunken (minus 8,6 Prozent), die Diebstahlkriminalität ist gesunken (minus 11,8 Prozent), es gab weniger Beleidigungen (minus 7,7 Prozent). Die Wirtschaftskriminalität ist hingegen gestiegen (plus 28,7 Prozent), genauso die Fallzahl der Vergewaltigungen, sexuellen Nötigungen und Übergriffe, wobei das Bundeskriminalamt darauf hinweist, dass „aufgrund der Änderungen im Sexualstrafrecht“ ein Vergleich mit dem Vorjahr nicht möglich sei…“
- „Chemnitz und die Männerbünde verschiedener Nationalität“ von Peter Nowak am 28. August 2018 bei telepolis hebt zur Debatte um Schlussfolgerungen hervor: „Eine Linke sollte doch zweierlei thematisieren. Ja, es ist sinnvoll, wenn die Migranten, die überwiegend auf der Suche nach Arbeit nach Deutschland gekommen sind, auch Jobs bekommen und nicht wegen des Arbeitsverbots zum Nichtstun gezwungen sind. Dann folgen Langeweile und das Agieren in den gleichkulturellen Männercliquen, die dann auf Stadtfesten etc. mit ihren „biodeutschen“ Männerbünden aneinandergeraten und sich auch beim Sexismus und der Belästigung von sexuellen Minderheiten nicht von ihnen unterscheiden. Die Linke sollte nicht einfach fordern, dass Migranten in Lohnarbeit kommen, sondern dass sie nicht weniger bezahlt bekommen als „Biodeutsche“, also auch keine Konkurrenten beim Lohndumping werden. Und sie sollte die Erkenntnis weiter verbreiten, dass man als Lohnabhängiger nur durch gewerkschaftliche Selbstorganisation Erfolge erzielt. So würden sich die unterschiedlichen Nationalitäten gemeinsam beim Kampf um bessere Arbeits- und Lebensbedingungen kennen- und akzeptieren lernen und nicht als Männergruppen beim Stadtfest oder anderen Events. Gemeinsame Interesse schaffen gemeinsame Solidarität, wie die gewerkschaftliche Gruppe „Mach meinen Kumpel nicht an“ zeigte. Zudem sollte die Linke gegen die staatliche Zuweisung von Migranten aktiv werden. Wer von ihnen würde schon nach Chemnitz gehen, wenn sie nicht von den Ausländerbehörden dazu gezwungen werden? Wenn dann noch das Verbot dazu kommt, hier zu arbeiten, dann wird auch zum Entstehen jener Männerbündelei mit all ihren regressviven Begleiterscheinungen beigetragen, die weder in ihrer „biodeutscher“ noch in einer anderen ethnischen Zusammensetzung zu verteidigen sind…“
- Wer da – nicht nur in Chemnitz – „Schulterschluss“ betreibt – und wie man dagegen halten kann
- Nicht nur Antifaschisten, alle reagieren auf „Chemnitz“ – und der rechte Mob mobilisiert weiter: Will die FDP da auch mitmachen?
- Nach Chemnitz: Der Mob und die Chefetage
Am „Tag danach“: „Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) hat die Union aufgefordert, stärker als bisher auf Wähler der rechtsnationalen AfD zuzugehen. »Die Union muss auch die Bereitschaft haben, Wählern zuzuhören, die bei den jüngsten Wahlen AfD gewählt haben. Wir müssen mit ihnen reden«, sagte Kauder der Deutschen Presseagentur in Berlin. »Ohne Gesprächsbereitschaft werden wir niemanden aus diesem Kreis erreichen.« Man werde aber weiterhin scharf kritisieren, wenn AfD-Politiker Stellungnahmen in der Nähe des Nazijargons abgäben oder Aussagen einen rechtsradikalen Inhalt hätten. Die Union dürfe nicht alle AfD-Wähler über einen Kamm scheren, so Kauder. Die AfD habe inhaltlich vielfach nichts anzubieten…“ – aus der Meldung „Kauder: Union soll AfD-Wählern zuhören“ am 29. August 2018 in der jungen welt über eine – indirekte – Reaktion auf Chemnitz. Zu den politischen Reaktionen und der Kontinuität (nicht nur) sächsischer Verhältnisse ein Hintergrundbeitrag:- „Der nahe Osten“ von Thorsten Mense am 27. August 2018 bei konkret nachveröffentlicht zu den Realitäten nicht nur in Sachsen: „In Sachsen regiert der braune Mob. Aber nicht auf der Straße, sondern tatsächlich. Er sitzt in der Regierung, in den Institutionen, in den Polizeidirektionen. Gordian Meyer-Plath, der Präsident des sächsischen Verfassungsschutzes, der sich als V-Mann-Führer des wegen Mordversuchs vorbestraften Neonazis und NSU-Unterstützers Carsten Szczepanski alias Piatto um seinen Posten verdient gemacht hat, ist zugleich Alter Herr der Bonner Burschenschaft Marchia, die bis 2011 im Dachverband Deutsche Burschenschaft (DB) organisiert war. Seine Mitgliedschaft in einem völkischen Verein, der sich seit seiner Gründung für die Wiederherstellung des Deutschen Reiches einsetzt, sieht der oberste Verfassungsschützer als »Ausdruck meines privaten Engagements für Gesellschaft und Demokratie«. Wenn man sich dazu die Fotos in Erinnerung ruft, die zeigen, wie der langjährige Pressesprecher der Deutschen Burschenschaft, Norbert Weidner, im August 1992 vor dem angebrannten Sonnenblumenhaus in Rostock-Lichtenhagen posiert, schließt sich der Kreis zu Heidenau. Ist es da erstaunlich, dass Beate Zschäpe am 4. November 2011, kurz bevor sie ihr Haus in Zwickau in die Luft sprengte, einen bisher »ungeklärten« Anruf von einem auf das sächsische Innenministerium zugelassenen Mobiltelefon bekam? Oder dass in derselben Behörde nun offenbar ein Funktionär der AfD für Extremismusbekämpfung zuständig ist? In Sachsen kann selbst ein Beamter der Leipziger Bereitschaftspolizei, dem enge Kontakte zur organisierten Nazi-Szene der Region nachgewiesen wurden, in Freital eingesetzt werden – zum »Schutz« der Flüchtlinge vor der Gewalt seiner Kameraden. Nach dem Asylverfahrensgesetz (Paragraf 3, Absatz C) gelten als politisch Verfolgte auch Menschen, die der Gewalt nichtstaatlicher Akteure ausgesetzt sind, sofern der Staat und seine Institutionen »erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des Paragrafen 3d (wirksam und auf Dauer) Schutz vor Verfolgung zu bieten«. Selbst nach juristischen Maßstäben ist Sachsen von der Liste sicherer Drittstaaten zu streichen. Da dies aber nicht passieren wird, bleibt die Frage: Was tun? Auf die nächste Flut hoffen? Auf Bomber Harris Junior? Die unter dem Titel Säxit sogar in der »Zeit« verbreitete Forderung nach einem Ausschluss Sachsens aus der Bundesrepublik verkennt, dass wir es hier mit einem gesamtdeutschen Problem zu tun haben. Trotz aller nun von der Selbstermächtigung der Flüchtlinge erzwungenen Hilfsbereitschaft und Willkommensrhetorik in Politik und Medien sollte man nicht vergessen, dass der rassistische Mob auf den Straßen mit seinem »ehrenamtlichen« Engagement nur das zu Ende bringen will, was die gesamteuropäische Flüchtlingsabwehr versäumt hat. Der death toll von EU, Frontex und damit auch der deutschen Bundesregierung ist tausendfach höher als der von organisierten Bürgern und besorgten Nazis…“
- „KeinFreundKeinHelfer“ berichten auf ihrem Twitter-Kanal am 26. August 2018: „In Chemnitz schaut die #Polizei #Sachsen aktuell mehr oder weniger dabei zu, wie 1000 Nazihools durch die Innenstadt ziehen und Migrant*innen einschüchtern und durch die Stadt jagen.
- „#c2608“ – der Chemnitzer Twitter-Kanal vom 26. August 2018 mit zahlreichen Informationen zu den Vorkommnissen am Sonntag, inklusive verschiedener kurzer Videoberichte über Menschenjagden der Nazis – die zwar keines polizeilichen Kommentares bedürfen, trotzdem aber klingt dieses Schweigen gerade der sächsischen Polizei ganz besonders laut. Auf diesem Kanal auch dokumentiert der AfD Mann Markus Frohnmaier mit seiner Positionierung: Die Nazischläger sind eben deutsche Bürger, die sich selbst schützen, da es der Staat nicht tut…
- „Ida Campe“ berichtet auf ihrem Twitterkanal am 26. August 2018 über die Vorhaben der Faschisten in Chemnitz am 27. August: „Auf verschiedenen Plattformen mobilisieren nun Neonazis unterschiedlichster Spektren (u.a. auch die Identitäre Bewegung Sachsen und III. Weg) bundesweit für die morgige Kundgebung“.
- „Chemnitz Nazifrei“ rufen auf ihrem Twitterkanal – so wie inzwischen viele andere Gruppierungen auch, ebenfalls am 26. August 2018 zur Antifaschistischen Demonstration am heutigen Montag auf: „Nach rechten Ausschreitungen & Jagdszenen von Sonntag Morgen #C2708 Gegendemo: gegen Rechte Hetze und Instrumentalisierung ab 17:00 Stadthallenpark #Chemnitz Erwartet werden über 1000 Nazis die eine Spontandemo angemeldet haben…“
- Rechte jagen Menschen in Chemnitz
„Rechtsradikale haben auf offener Straße Menschen angegriffen – angeblich als Racheakt für eine Messerstecherei. Die Polizei war von einem Spontanaufmarsch überfordert…“ Artikel von Johannes Grunert, Chemnitz, vom 27. August 2018 bei der Zeit online - Chemnitz, 27. August: Informationen zur antirassistischen Gegenkundgebung im neuen Blog c2708 samt Aufruf und ständig aktualisierten Informationen