Die NSU-Vorläufer: 25 Jahre nach den Morden in Solingen
„Erst drei Tage vor dem Anschlag in Solingen waren wir bei der Blockade des Bundestags, als dort das Recht auf Asyl faktisch abgeschafft wurde. In den Jahren 1992/93 gab es fast jede Nacht Brandanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte, Wohnungslose und Linke. Großdeutschlandphantasien, wir Deutschen sind wieder wer – das war die gesellschaftliche Atmosphäre. Wir standen oft ohnmächtig und wütend da. »Das Boot ist voll«, und Deutschland könne keine weiteren Geflüchteten mehr aufnehmen, das war die zentrale Botschaft der »schwarz-gelben« Regierungsparteien, der SPD und der Medien. »Die Brandstifter sitzen in Bonn« war die Parole auf vielen antifaschistischen Demonstrationen. Die militanten Neonazis haben die von etablierter Politik und den Medien geschürte fremdenfeindliche Stimmung aufgesogen wie ein Schwamm. (…) Faktisch handelt es sich um alte Nazis im neuen Gewand, nur die Namen haben sich geändert. Heute organisieren sie sich weniger in Kameradschaften, statt dessen in der »Identitären Bewegung« oder in der AfD. Was bleibt, ist ein tiefsitzender Hass auf Migranten, gekoppelt mit einem völkischen Nationalismus. Unsere Phantasie hätte Anfang der 1990er Jahre wahrscheinlich nicht ausgereicht, um uns vorzustellen, dass der deutsche Staat über Jahre ein neonazistisches Terrornetzwerk mit Namen NSU toleriert, das ungestört Menschen umbringt. Die Verstrickung staatlicher Stellen in gewaltbereite Neonazistrukturen hat Anfang der 1990er Jahren begonnen, und mittlerweile sind die Übergänge fließend. Neonazikader sind V-Leute und umgekehrt“ – aus „»Ein NSU war damals unvorstellbar«“ am 28. Mai 2018 in der jungen welt – ein Gespräch von Markus Bernhardt mit Oliver Ongaro von „Düsseldorf stellt sich quer“ zum 25. Jahrestag der Morde von Solingen. Siehe zum Hintergrund: 25 Jahre nach dem Solinger Brandanschlag – Demonstration am 26. Mai 2018 in Solingen: Unutturmayacağız! Niemals vergessen!