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„Flut der Unterklassen“ in beinahe 200 Orten quer durch Frankreich: Was war das?

Frankreich: la «marée populaire» du 26  maiEine »Flutwelle des Volkes« (Marée populaire) gegen die unsoziale Politik von Präsident Emmanuel Macron sollte der landesweite Aktionstag am Sonnabend werden, zu dem Jean-Luc Mélenchon und seine Bewegung La France insoumise (Das aufsässige Frankreich) aufgerufen hatten. Eine solch massive Mobilisierung kam zwar nicht zustande, wohl aber eine beispiellos breite Beteiligung von mehr als 60 linken Parteien und Organisationen. Das reichte von der Bewegung La France insoumise und der Kommunistischen Partei (FKP) über die Neue Antikapitalistische Partei (NPA) und die Partei der Grünen bis zur Bewegung Génération.s des ehemaligen sozialistischen Präsidentschaftskandidaten Benoit Hamon sowie zu Organisationen wie Attac und Copernic oder der Gewerkschaft CGT. Nur die Führung der seit den vergangenen Wahlen extrem zusammengeschmolzenen Sozialistischen Partei wollte nicht mitmachen, was aber zahlreiche ihrer Mitglieder nicht gehindert hat, sich den landesweit fast 200 Demonstrationen anzuschließen. Daran beteiligten sich nach Angaben der Organisatoren insgesamt 250 000 Menschen, davon allein in Paris 80 000. Dagegen zählte die von den Medien beauftragte unabhängige Agentur Occurence in der Hauptstadt 31 700 Demonstranten, während es beim »Fest für Macron« am 5. Mai 38 900 waren“  – aus „Sturm der Empörung gegen Macron“ von Ralf Klingsieck am 28. Mai 2018 in neues deutschland externer Link über die Proteste am vergangenen Samstag quer durch Frankreich. Siehe dazu drei weitere aktuelle Beiträge und die gemeinsame Abschlussrede der Pariser Demonstration:

  • „Seite an Seite gegen den Präsidenten“ von Rudolf Balmer am 27. Mai 2018 bei der taz externer Link hob hervor: „Ganz vorn im Demonstrationszug in Paris marschierten die weiter streikenden Eisenbahner. Sie sind derzeit die Speerspitze des Widerstands gegen Macrons neoliberale Reformpolitik. Trotz Drucks und finanzieller Opfer geht ihr Kampf weiter. Sie nutzten die Gelegenheit, bei den solidarischen Demonstrierenden Geld für ihre Streikkasse zu sammeln. Ebenfalls auf ihre Anliegen wollten bei diesem Anlass Studierende und Mittelschülerinnen aufmerksamen machen. Sie protestieren mit Besetzungsaktionen gegen eine Reform des Zugangs zu den Hochschulen und eine verschärfte Auswahl. Ins Auge stachen Plakate und zum Teil selbst gemachte Fotomontagen, die Macron als arrogant blickenden Monarchen im Stil des Sonnenkönigs (L’état c’est moi) abbilden. Auf zahlreichen Spruchbändern wurde zur Verteidigung der von Einsparungen und Personalverminderung bedrohten öffentlichen Dienste aufgerufen. Auch RentnerInnen marschierten mit, die sich auf Plakaten handschriftlich beschwerten, die Regierung „stehle“ ihnen mit einer Steuererhöhung einen Teil ihrer bescheidenen Kaufkraft. Eine Gruppe von rund hundert Menschen aus afrikanischen Ländern forderte Aufenthalts- und Arbeitsbewilligungen. Auch die verschärfte Migrations- und Asylpolitik war ein Thema bei der Demonstration“.
  • „Frankreich: Opposition auf der Straße nicht laut genug“ von Thomas Pany am 27. Mai 2018 bei telepolis externer Link über die Reaktion der Regierung: „Aufgelistet werden die Motive zur Marée populaire auf der Webseite der 60 Organisationen, für den gestrigen Tag mobilisiert haben, im Großen geht es um die laut vernehmliche Widerwehr gegen eine Politik, die als Austeritätspolitik mit Restrukturierungen zum Schaden von Angestellten und generell der Schwächeren in der Gesellschaft verstanden wird, als „neoliberales Kolonisationsprojekt des Inneren“. Dass die Banlieues an der Spitze von Demonstrationszügen standen, sei bezeichnend, so die Berichte und Reportagen. Während auf der linken Seiten als Erfolg gefeiert wird, dass sich die große linke Gewerkschaft CGT einem gemeinsamen Aufruf mehrerer Organisationen angeschlossen hat und sich lediglich beigeordnet, aber nicht „übergeordnet“ hat – eine Verhaltensänderung, die man auch bei Mélenchon als Erfolg meldet, sprach Premierminister Eduard Phillipe von einer Mini-Mobilisierung, die die Regierung in ihrem Kurs bestätige. „Um Macron zum Zuhören zu bringen, muss man lauter klopfen“, lautete eine Schlagzeile der linken Zeitung Humanité zum gestrigen Aktionstag. Geht es nach dem Premierminister, so war der gestrige Tag nicht laut genug“.

Siehe dazu auch:

  • Wie weiter nach der „Volksflut“ in Frankreich?
    Aller Anfang ist schwer. Bei dieser Demonstration allerdings war es zunächst vor allem schwer, zu bestimmen, wo sie genau anfing. An diesem Samstag Nachmittag (26.05.18) begann sie zunächst, tröpfchenweise einzutreffen, wenn man – wie der Verf. dieser Zeilen – irgendwo auf halbem Wege zwischen der Pariser Place de la République und der Place de la Bastille Aufstellung bezog, um den Protestzug in Gänze sehen zu können. Letzterer war, offiziell um 14.30 Uhr (etwas Verspätung ist immer drin), bei der Gare de l’Est, also beim Pariser Ostbahnhof, losgelaufen. Da der Verfasser auf dem Weg zu seinem Beobachtungsort selbst zwischen 14.30 und 15 Uhr am Ostbahnhof vorbeizog, ließ sich bereits ermessen, dass die Demonstration nicht gänzlich klein ausfallen würden“ – so beginnt der Bericht „Paris: Nach den sozialen Protestdemonstrationen („Volxflut“) vom Samstag, den 26. Mai 18 – Wie weiter?“ von Bernard Schmid vom 28. Mai 2018 – wir danken!
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=132633
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