Mögliche Netzzensur in der EU – und was man dagegen tun kann
„Die EU plant eine Reform des Urheberrechts. Demnach sollen Hosting-Provider zukünftig für Verstöße ihrer Nutzer haften. Dies könnte zum Einsatz von Inhaltsfiltern führen und für kleine Plattformen existenzbedrohend sein. (…) Die geplante EU-Richtlinie, eingebracht von Ex-Digitalkommissar Günther Oettinger, soll Hosting-Plattformen verpflichten, Beiträge, Fotos und Videos von Nutzern bereits beim Hochladen auf Urheberrechtsverstöße zu überprüfen. Zudem sollen bei einem Verstoß zukünftig nicht mehr die Nutzer selbst verantwortlich sein, sondern die betreffenden Plattformen, sofern sie „die Präsentation der hochbeladenen Werke […] optimieren“. (…) Um Verstöße zu vermeiden, müssten Anbieter also Filter installieren und entweder Lizenzvereinbarungen mit den Rechteinhabern treffen oder urheberrechtlich geschützte Werke gänzlich blockieren. Dies sei insbesondere für kleine Plattformen nicht möglich, da diese Technologien viel Geld kosten. Außerdem verstärke es die bestehenden Datenmonopole durch Unternehmen wie Google, Facebook und die Verwertungsgesellschaften, da nur diese überhaupt über die Rohdaten verfügten, um entsprechende Software herzustellen. Der Vorschlag muss noch den Rat und das Parlament der EU passieren. (…) Die erste Abstimmung über den Richtlinienvorschlag findet am 10. Oktober im federführenden Rechtsausschuss statt.“ Doku des Vortrags von Julia Reda (EU-Parlamentsabgeordnete und Piraten-Politikerin) bei der „Das ist Netzpolitik“-Konferenz am 18.09.2017 bei Netzpolitik – Druck auf nationale Parteien ist allerdings die einzige genannte Gegenwehr. Siehe dazu:
- Illegale Inhalte im Netz: EU-Kommission setzt auf die vermeintliche Wunderwaffe „Upload-Filter“
„Die EU-Kommission hat heute Leitlinien für Plattformbetreiber vorgestellt, die eine zügige Entfernung von mutmaßlich illegalen Inhalten im Netz vorsehen. Als Allheilmittel gegen Terrorismus, Hassrede oder Urheberrechtsverletzungen im Internet soll eine automatische Erkennung, Entfernung und Filterung solcher Inhalte dienen. Das kann gefährliche Folgen haben. (…) Neben den automatisierten Maßnahmen sieht die Kommission die Einrichtung von Kontaktstellen vor. Diese sollen sicherstellen, dass die Betreiber besser mit den zuständigen nationalen Behörden zusammenarbeiten und illegale Inhalte schneller entfernt werden, sollten die Automatismen nicht greifen. Zudem legt die Kommission den Anbietern eine enge Zusammenarbeit mit „vertrauenswürdigen Hinweisgebern“ nahe, die besondere Fachkenntnissen in der Bestimmung illegaler Inhalte haben und fordert einfach zugängliche Melde-Tools für Nutzer. (…) Geharnischte Kritik kommt von der Bürgerrechtsorganisation European Digital Rights (EDRi), die Widersprüche zur Urheberrechtsrichtlinie und eine Gefahr für die Meinungsfreiheit sieht. Auch das Vertrauen in die „vertrauenswürdigen Hinweisgeber“ sei fehlgeleitet, wie die Erfahrungen mit dem „Trusted Copyright Removal Programme“ von Google gezeigt hätten. „Viele EU-Mitgliedstaaten drängen große IT-Unternhemen zu pro-aktiven, automatisierten Maßnahmen, um Inhalte zu entfernen“, sagte die liberale EU-Parlamentsabgeordnete Marietje Schaake. „Das ist extrem gefährlich. Die Kommission sollte sich gegen diesen Trend stellen, anstatt ihn zu begrüßen. In der EU kann es keinen Platz geben für Upload-Filter oder Zensur im Vorfeld.“ (…) Mit ihrem Vorschlag positioniert sich die EU-Kommission eindeutig und gibt die Bruchlinie vor, anhand derer sich die künftige Debatte entwickeln wird: Online-Plattformen werden zunehmend in die Pflicht genommen und müssen Inhalte bewerten, noch bevor sie ein Mensch zu Gesicht bekommen hat….“ Beitrag von Tomas Rudl vom 28. September 2017 bei Netzpolitik