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Nach dem Sturm ist vor dem Sturm: Harvey, Irma und die Klassenfrage
„Florida zieht wegen seines normalerweise milden Klimas Obdachlose aus allen Teilen der USA an. Mehr als 40.000 Obdachlose leben insgesamt auf den Straßen des Bundesstaats. Doch jenseits des Wetters ist Florida zugleich der gefährlichste aller Bundesstaaten für Obdachlose. Es gibt dort mehr individuelle Gewaltakte gegen Obdachlose als irgendwo sonst in den USA. Auch die Behörden sind berüchtigt für ihren feindseligen Umgang mit Obdachlosen. (…) Eine andere – deutlich größere – Bevölkerungsgruppe in Florida, die während des Sturms doppelte Angst hatte, sind die Papierlosen. Mehr noch als den Hurrikan und die Flutwellen fürchteten sie das Zugreifen der Ausländerpolizei und eine mögliche Abschiebung.(…) . Für zusätzliche Angst sorgte, dass auch das Ministerium für die Heimatsicherheit und die auf Abschiebungen spezialisierte Ausländerpolizei ICE an den Rettungsaktionen im Sturm beteiligt waren. Allein im südlichen Florida leben rund 450.000 Menschen ohne Papiere“ – aus dem Beitrag „Festnahmegrund Hurrikan von Dorothea Hahn am 11. September 2017 in der taz , in dem vor allem die regelrecht polizeistaatlichen Methoden der „Hilfe“ in Florida Thema sind. Siehe dazu vier weitere aktuelle Beiträge, einen Hintergrundartikel und den Verweis auf die LabourNet Germany Materialsammlung zu „Harvey“:
- „Hurrikane gegen die Armen“ von Jörg Wimalasena am 10. September 2017 in der taz ist ein Kommentar zur Klassen- und Rassenfrage bei Stürmen in den USA, der daran erinnert: „Die kommunalen Sozialwohnungen, meist von Afroamerikanern bewohnt, sind in Houston hauptsächlich in niedrig gelegenen Überflutungsgebieten gebaut – weil dort das Land billiger ist. Reiche leisten sich Häuser in höheren Lagen.Das ist nicht nur in Houston so: Viele arme Kommunen in den Hurrikan-Regionen der US-Südstaaten verfügen nicht einmal über ein funktionierendes Abflusssystem. Bei Evakuierungen bleibt die schwarze Bevölkerung zurück, weil viele aus Geldmangel kein Automobil besitzen und so das Gefahrengebiet nicht verlassen können. Umweltkatastrophen haben gerade in den stark segregierten USA ein klares Rassen- und Klassenelement. Das zeigte sich vor allem 2005 bei Hurrikan „Katrina“, der große Teile der Südstaatenmetropole New Orleans zerstörte. Von den 175.000 Afroamerikanern, die wegen des Sturms die Stadt verließen, gelang nur 100.000 die Rückkehr…“
- „Petrochemical giants dumped deadly carcinogens during Hurricane Harvey“ von Gary Joad am 12. September 2017 bei wsws ist ein ausführlicher und konkreter Beitrag zu giftigen Chemikalienmüll, den rund 60 Unternehmen der Petrochemie aus der Region Houston während und nachdem Hurrikan „Harvey“ auf ihre ganz spezielle und billige Art entsorgt haben.
- „Dérégulation, lobbying et culture du secret : les dessous de l’accident dans l’usine texane d’Arkema“ von Olivier Petitjean am 05. September 2017 beim Observatoire des Multinationals ist ein Beitrag über die ganz besonderen Aktivitäten des Chemieunternehmens Arkema (siehe dazu auch den Verweis auf unsere Materialsammlung am Ende dieses Beitrags), das über Jahre hinweg dafür gearbeitet hat, genau so unkontrolliert seinen Geschäften nachgehen zu können, wie es dann während und nach dem Hurrikan geschehen ist: Diese Geschichte wird in dem Beitrag nachgezeichnet.
- „Evacuees, volunteers describe inadequate services, police harassment at Houston convention center“ von Tom Hall am 14. September 2017 bei wsws ist ein Beitrag über die Erfahrungen von rund 3.000 Evakuierten in zwei Veranstaltungszentren von Houston (und ihrer Betreuer): Die Betreiber dieser Zentren sind sehr aktiv dabei – die Evakuierten so schnell wie möglich los zu werden, da ja nun profitable Veranstaltungen ausfallen müssen. Schikanen von Seiten der Behörden helfen beim Erreichen dieses Ziels – ein Verhalten, das sich einreiht in jene Aktionen der Vermieter-Vereinigungen, die Miete kassieren wollen, selbst wenn die Menschen evakuiert wurden…
- „The Texas Oilagarchs vs. Democracy & Socialism, At Home and Abroad“ von Marius Trotter am 08. September 2017 bei Counterpunch ist ein ausführlicher Beitrag über die Besonderheiten des Wirkens der texanischen Kapitalistengruppierungen – vornehmlich aus der Ölwirtschaft und zutiefst verbunden mit der Republikanischen Partei. Im Vergleich zur Ölwirtschaft in Venezuela zieht der Autor Schlüsse über den Beitrag der Ölkapitalisten zum Ruf Houstons als Hochburg der politischen Rechten (trotz großer Präsenz lateinamerikanischer MigrantInnen und ihrer Arbeit im Dienstleistungsbereich), in dem er die Entwicklung der Stadt in den letzten rund 100 Jahren nachzeichnet.
- Siehe dazu zuerst die ausführliche Materialsammlung: „“Harvey”: Der Sturm. Die Natur. Der Kapitalismus“ am 01. September 2017 im LabourNet Germany