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[Erklärung] „Das “JA” ist ungültig, Sendika.Org wird niemals schweigen!“ – Repression gegen Referendumskritiker: Der Widerstand bleibt und wächst
Am 22. April 2017, zwei Tage nach dem Überfall auf die Sendika-Redaktion und der illegalen Festnahme ihres Chefredakteurs veröffentlicht Sendika – inzwischen bereits sendika34, im Kampf um Verfügbarkeit im Netz – eine Erklärung, die sich vor allem gegen den „Vorwurf“ richtet, das „Ja“ beim Referendum nicht anzuerkennen und für die Redaktion und alle anderen wegen desselben „Vergehens“ verfolgten unterstreicht, dass diese Haltung selbstverständlich ist und beibehalten wird. Die Erklärung „Das “JA” ist ungültig, Sendika.Org wird niemals schweigen!“ beginnt so: „Mindestens 50% der Bevölkerung, die universellen Prinzipien des Rechts und die grundlegenden Prinzipien der Demokratie sagen: Euer „Ja“ ist ungültig! Es die allerlegitimste Handlung, eurem Faschismus und eurer Zensur mit unseren Stiften, unseren Kameras, unseren Tastaturen und unserem Wort, am Schreibtisch wie auch auf der Straße, zu widerstehen! Niemand soll daran zweifeln, dass wir weiterhin die Wahrheit schreiben, aussprechen und zeigen und nicht darauf verzichten werden, die Stimme der Bevölkerung und ihrer Forderungen zu sein“ und erhebt abschließend die Forderung, wie sie jetzt auf der ganzen Welt vertreten wird: „Unser Redakteur Ali Ergin Demirhan, alle inhaftierten JournalistInnen, die dafür kämpfen, dass die Bevölkerung die Wahrheit erfährt, und alle Menschen, die inhaftiert wurden, weil sie für das “Nein” kämpfen, müssen sofort freigelassen werden!“ Siehe dazu auch einen Link zu einem Gespräch mit Ali Ergin Demirhan sowie weitere aktuelle Beiträge zur Repression gegen Referendumskritiker und zum Widerstand dagegen:
- „Free Ali, Free them all!“ von Felix Huesmann am 21. April 2017 bei den Ruhrbaronen berichtet unter anderem über ein Gespräch, das er im Rahmen einer Recherche im November 2016 mit Ali in Istanbul hatte – und beginnt so: „Im November war ich für Recherchen in Istanbul. Ich habe dort spannende, tolle und beeindruckende Menschen getroffen. Menschen, die 2013 während der Gezi-Proteste für Freiheit und Demokratie auf die Straße gegangen sind – Aktivisten, Oppositionelle, Journalisten. Einer von ihnen, der Journalist Ali Ergin Demirhan wurde gestern festgenommen. Ali Ergin Demirhan ist Chefredakteur des linken, gewerkschaftsnahen Onlinemagazins Sendika.org. Schon seit den Gezi-Protesten steht die Seite im Fokus der Behörden. Aus dem Park im Herzen der Istanbuler Innenstadt haben Ali und seine Kollegen damals einen Online-TV-Sender betrieben. Sie haben damit Massen erreicht. Auf Sendika.org berichten sie tagesaktuell über Proteste, Korruption und den Krieg im Südosten des Landes. Die Domain der Website wurde deshalb immer wieder in der Türkei gesperrt. Die Seitenbetreiber haben jedes mal eine Zahl ans Ende der Domain gehangen, um eine neue, wieder erreichbare Webadresse zu haben. Im November 2016 waren sie bei Sendika12.org. Heute ist es schon Sendika33.org“
- Siehe auch: Die Rolle von Arbeiter_innenkämpfen in der Gezi-Park-Bewegung. Ein Interview mit Ali Ergin Demirhan (sendika.org) vom Juni 2013 bei labournet.tv
- „Del Grande im Hungerstreik“ von Wolf H. Wagner am 22. April 2017 in neues deutschland berichtet über die Festnahme und den Hungerstreik des – wie so viele andere – inhaftierten italienischen Journalisten: „Gabriele Del Grande hatte sich in der türkischen Provinz Hatay an der Grenze zu Syrien aufgehalten. Dort interviewte er – mit ordentlichen Papieren ausgestattet – Flüchtlinge aus den bedrohten syrischen Städten Homs und Aleppo, die ihr Heil im Grenzübertritt suchten. Türkische Sicherheitsbeamte nahmen den auch als Menschenrechtsaktivisten bekannten Journalisten fest, inhaftierten ihn zunächst in einem Gefängnis in Hatay, später im westtürkischen Mugla. Weder wurden dem Gefangenen Gründe für die Festsetzung genannt, noch wurde bislang eine offizielle Anklage gegen ihn erhoben. Tagelang war über seinen Verbleib nichts bekannt…“
- „Angst vor einem zweiten Gezi?“ von Gerrit Wustmann am 21. April 2017 bei telepolis ist ein Beitrag, der vor allem die These vertritt, dass die Rundumschläge der Erdoganleute ein Ausdruck ihrer Angst sind, mit dem Wahlbetrug nicht durchzukommen: „Abend für Abend ist es seit dem Referendum vom vergangenen Sonntag dasselbe Bild in der Türkei: In mittlerweile mehr als zwanzig Städten demonstrieren zehntausende Bürger gegen die Manipulationen. Noch am Mittwoch hatte die oberste Wahlkommission YSK sämtliche Beschwerden, auch jene der Oppositionsparteien CHP und HDP, abgeschmettert und das Endergebnis für gültig erklärt. Und das obwohl mindestens 2,5 Millionen Stimmen gefälscht sein sollen, wie die türkische Opposition übereinstimmend mit der Wahlbeobachterin Alev Korun sagt. Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan will davon nichts hören. Die Wahlbeobachter der OSZE bezeichnete er als „Terroristen“ – wie so ziemlich jeden, der es wagt, ihn zu kritisieren. Der Anwaltsverband von Izmir und Istanbul hat inzwischen Strafanzeige gegen die YSK gestellt“
- „ETUC statement on the outcome of the Turkish referendum“ am 21. April 2017 beim EGB ist die Erklärung der Föderation zum Referendum in der Türkei, in dem auf die Kritik der Wahlbeobachtung an der Rechtmäßigkeit des Ergebnisses Bezug genommen wird, die Pläne für die Todesstrafe – erst recht in einer solch gespaltenen Gesellschaft – kritisiert und der Beschluss internationaler Föderationen bekannt gemacht wird, einen Unterstützungsfonds für Gewerkschaften in der Türkei zu organisieren
- Siehe dazu auch: „Das Büro von Sendika.org durchsucht, Chefredakteur Ali Ergin Demirhan festgenommen: Erdogan rächt sich für seinen – trotz aller Betrugsversuche – so mageren „Sieg“ beim Referendum – Solidarität mit unseren KollegInnen von Sendika!“ am 20. April 2017 im LabourNet Germany